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Stasi

In einem Kommentar unter der Überschrift “Eine erstaunliche Wahl” befasst sich eine Regionalzeitung mit dem Ergebnis einer Umfrage, laut der Manfred Stolpe der Wunschkandidat der Ostdeutschen für das Amt des Bundeskanzlers ist. Der Autor bezeichnet den brandenburgischen Ministerpräsidenten als “Stasi-Stolpe” und behauptet, dass ihm “in aller Öffentlichkeit das Verbiegen der Wahrheit nachgewiesen wurde” und er ein “eindeutig Stasi-belasteter Mann” sei. Ein Leser des Blattes ärgert sich über diese Vorverurteilung und wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Er wisse ebenso wenig wie alle anderen, ob Manfred Stolpe für die Stasi tätig gewesen sei. Dieser bestreite das jedenfalls und es habe ihm bisher nichts gegenteiliges nachgewiesen werden können. Die Chefredaktion des Blattes erklärt in ihrer Stellungnahme, ein deutsches Gericht habe entschieden, dass der Name des Betroffenen in Zusammenhang mit der Stasi genannt werden dürfe. Einem Nachrichtenmagazin sei – durch eine einstweilige Verfügung abgesichert – sogar die noch weitergehende Formulierung “Stasi-Spitzel” gestattet worden. Die Chefredaktion vertritt die Ansicht, dass die Freiheit der Meinungsäußerung und die ausdrückliche Zulassung auch “scharfer Waffen” im politischen Meinungskampf selbst ohne diesen Gerichtsentscheid die beklagte Wortwahl in einem Kommentar zulassen würden, zumal Manfred Stolpe eine herausragende Persönlichkeit mit weitreichenden Einflussmöglichkeiten sei. Es handele sich um eine einmalige Kommentierung. Aus der Sicht der Redaktion sei das Thema nicht länger aktuell. Man werde jetzt in Ruhe den Gang weiterer Ermittlungen abwarten. (1997)