Fotodokumente der Zeitgeschichte
Lesern werden die grausamen Folgen eines Attentats verdeutlicht
„Wir weinen mit Israel“ und „Die Nacht versank in Blut und Tränen“ sind die Überschriften zweier Artikel, in denen eine Boulevardzeitung über ein Selbstmordattentat in Jerusalem berichtet. Dem Artikel sind verschiedene Fotos beigestellt, auf denen die Opfer des Attentats zu sehen sind. Ein Leser des Blattes beschwert sich beim Deutschen Presserat, weil er den Vorgang unangemessen sensationell dargestellt sieht. Auf mehreren Fotos würden Tote und Verletzte gezeigt. Eine der Bildunterschriften laute: „Ein schwer verletzter Israeli läuft, bringt sich in Sicherheit. Seine Haut ist mit Splittern gespickt und verbrannt.“ Im Text heiße es zudem: „Der ganze Boden war mit Blut und Leichenteilen bedeckt.“ Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die sinnlose Gewalt im Nahen Osten seit Monaten in allen Medien dargestellt und thematisiert werde. Es sei nicht anzunehmen, dass weitere, noch extremere Bilder die Menschen aufrüttelten oder Emotionen freisetzten, die dem Friedensprozess zugute kommen könnten. Aus diesem Grund hält er diese Berichterstattung für voyeuristisch und unangemessen. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, dass der Krieg und seine Grausamkeit, auch wenn es um schwerste Verletzungen und Tötungen gehe, dargestellt werden müssten. Nur so könne versucht werden, die Menschen aufzurütteln, sie aufzuklären und ihnen bewusst zu machen, dass es so nicht weitergehen könne. Die Grausamkeit derartiger Auseinandersetzungen dürfe nicht dazu führen, dass man auf die Veröffentlichung von Fotos, welche die Wirklichkeit wiedergeben, verzichte. Die Konfrontation mit dem Elend, den Verletzungen, dem Tod und der Zerstörung seien zur Bewusstseinsbildung erforderlich. Nur eine realistische Darstellung in Fotos könne zur Aufklärung beitragen und die Menschen wachrütteln. Ein Verzicht auf fotografische Dokumente heiße auch, die Zeitgeschichte zu verfälschen. (2002)