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Diskriminierung von Ausländern

Unterzeile baut ein Gegenüber von Angehörigen einzelner Nationalitäten auf

Weil er zwei Jugendlichen helfen wollte, die von vier weiteren Jugendlichen vor einer Gaststätte geschlagen und getreten wurden, musste ein 23-jähriger sterben. Bei der Verfolgung der Täter wurde er mit mehreren Messerstichen getötet. Ein 17-jähriger unter den Verfolgten steht im Verdacht, die Tat begangen zu haben. Die örtliche Zeitung widmet dem Vorfall mehrere Beiträge, in denen sie über den Fortgang der Ermittlungen berichtet. In der Unterzeile der Überschrift des ersten Artikels heißt es „Türken schlugen Deutsche“. Die Überschrift des zweiten Artikels vermeldet in der Unterzeile „Türke (17) taucht im Asyl-Heim unter“. Alle Beiträge sind mit Fotos ausgestattet. Eines der Fotos zeigt die Festnahme zwei der vier Tatverdächtigen. In der Bildunterzeile wird berichtet, dass die Türken sich auf dem Dachboden eines Hauses versteckt hatten. In allen Artikeln werden die Verdächtigen generell mit „Türken“ und weiteren Angaben zum Alter umschrieben. Der Ausländerbeirat der Stadt meldet den Fall dem Deutschen Presserat. In dem Bericht werde deutlich herausgestellt, dass es sich bei den Tätern um Türken handele, die Deutsche schlugen. Im weiteren Verlauf werde das Opfer mit Vornamen erwähnt, während die Täter namenlos blieben. Es existiere keine sachliche Notwendigkeit, bei einer Berichterstattung, egal welchen Inhalts, Nationalitäten zu erwähnen bzw. diese sogar noch besonders hervorzuheben. Nationalitäten hätten mit den Handlungen einzelner nichts zu tun. Die Beiträge verfestigten so vorgefertigte Meinungsbilder und hätten diskriminierende Wirkung. Auch der Sozialdienst für Migranten der Arbeiterwohlfahrt legt Beschwerde ein. Bei aller Tragik in diesem Vorfall trage die Presse die Verantwortung für die Bewusstseinsbildung der Öffentlichkeit mit. Deshalb sollte man bei den Formulierungen über solche schmerzhaften Ereignisse besonders vorsichtig und verantwortungsvoll sein. Wenn auf polarisierende Weise die Nationalität Betroffener genannt werde, schaffe dies mehr Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen. Die Chefredaktion der Zeitung betont, in der Bevölkerung seien die Wogen der Erregung hochgegangen über die Tötung eines Jugendlichen durch türkische Gewalttäter. Dabei habe das Opfer genau das getan, was in letzter Zeit zu Recht immer wieder gefordert werde: Zivilcourage gegenüber brutalen Schlägern gezeigt. Die Zeitung habe es als ihre Pflicht angesehen, wahrheitsgemäß zu berichten. Dabei sei nicht Öl ins Feuer gegossen worden. In den Artikeln sei klar betont worden, dass es sich um einzelne Gewalttäter handelte. Die eine oder andere möglicherweise etwas unglücklich formulierte Textstelle, die dem nun einmal nicht entrinnbaren Zwang zur Vereinfachung entsprungen sein möge, könne nicht isoliert interpretiert werden. Ergänzend räumt der Chefredakteur ein, gewiss sei die Unterzeile der Überschrift eine den formalen Zwängen zuzuschreibende Vereinfachung, die auch er sich gelungener und weniger missverständlich hätte vorstellen können. Der beanstandeten Unterzeile habe jedoch nicht im geringsten die Absicht einer Polarisierung zu Grunde gelegen. Die Nennung der Staatsbürgerschaft sei allerdings eine auch sonst gebräuchliche Übung, die als solche keine Diskriminierungsabsicht verrate. Schließlich habe die Zeitung auf eine Veröffentlichung der von der Polizei mitgeteilten Anhaltspunkte verzichtet, welche die Vermutung nahe gelegt hätten, es habe sich bei der Tat der türkischen Gewalttäter um ein deutschfeindlich motiviertes Verbrechen gehandelt. Mit diesem Verzicht habe man die Erregung in der Bevölkerung in Grenzen halten und nicht unheilvolle Reaktionen von rechter Seite wachrufen wollen. (2001)