Obduktionsfoto
In Zusammenhang mit einem Bericht über die Anklageschrift gegen Erich Honecker veröffentlicht eine Zeitschrift u.a. das Obduktionsfoto des letzten Menschen, der am - 5. Februar 1989 - an der Berliner Mauer erschossen worden war. Ein Leser der Zeitschrift ist der Ansicht, dass es solcher Fotos nicht bedürfe, um die Vorwürfe gegen Honecker zu untermauern. Die Öffentlichkeit habe kein Interesse daran, das Maueropfer nackt mit geöffneten Augen und mit Einschusswunde auf dem Obduktionstisch zu sehen. Diese Veröffentlichung verstoße gegen die Menschenwürde. Die Zeitschrift erkennt in ihrer Stellungnahme zwar den postmortalen Persönlichkeitsschutz an, wertet aber im vorliegenden Fall den Tod des jungen Mannes und die Begleitumstände seines Sterbens als Teile eines Ereignisses, das ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit hervorgerufen habe. Die Intimsphäre der Verwandten werde durch die Veröffentlichung des Bildes nicht verletzt, vielmehr liege es im Interesse der Verwandten, dass alle Zweifel an den Umständen der Tötung aus der Welt geschafft werden. Das gedruckte Bild stelle ein Zeitdokument sowie den Teil einer nicht abstreitbaren historischen Wahrheit dar. (1992)