Umgang mit Stasi-Akten
In einem groß aufgemachten Exklusiv-Beitrag zitiert eine Illustrierte Äußerungen prominenter Politiker über politische Gegner und Freunde der eigenen Partei. Entnommen sind die oft wenig schmeichelhaften Bemerkungen Protokollen, die der DDR-Staatssicherheitsdienst über Telefonabhöraktionen angefertigt hat. In der Schlagzeile des Textes wird die Befürchtung artikuliert, die erschnüffelten Interna könnten Munition für die deutschen Wahlen liefern. Betroffen ist auch ein Fraktionsvorsitzender in einem westdeutschen Landtag. Er soll in einem Telefongespräch z. B. von seinem Bundesvorsitzenden behauptet haben, der esse keinen Fisch und kein Fleisch, der werde nichts. Ein Rechtsstreit wird für erledigt erklärt, nachdem sich die Zeitschrift verpflichtet hat, aus dem Stasi-Material nichts mehr zu zitieren. Zwischenzeitlich hat der Betroffene auch den Deutschen Presserat angerufen. Er kann sich an das Telefongespräch nicht mehr erinnern. Selbst wenn es Mitschnitte gebe, könne niemand ausschließen, dass sie aus dem Zusammenhang gerissen oder sinnentstellt wiedergegeben worden seien. Zitate daraus seien ein schwerer Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte. Die Veröffentlichung vollende die kriminellen Praktiken des Staatssicherheitsdienstes. (1990)