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Namensnennung

Eine Boulevardzeitung berichtet über einen Banküberfall mit Geiselnahme. Ein 25jähriger hält in einer Sparkasse eine Putzfrau fast 14 Stunden lang in seiner Gewalt und gibt dann entnervt auf. Der Name des Festgenommenen wird – voll ausgeschrieben – veröffentlicht. Dem Text beigestellt ist ein Foto des Mannes, mit einem Balken abgedeckt. In dem Artikel wird er als „Gangster“ bezeichnet. Weiter heißt es: „Er frei – für sein neues Verbrechen...“. Der Verdächtigte beschwert sich beim Deutschen Presserat, sieht sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt, vorverurteilt. Zudem würden seine Angehörigen unnötigerweise belastet. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt, bei aktueller Berichterstattung über Straftaten von Gewicht habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit im allgemeinen Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht des Täters. Daher seien Abbildung, Namensnennung und sonstige Identifizierung des Täters oder Verdächtigen keineswegs immer unzulässig. Die Abteilung zitiert die Feststellung in einem Fachbuch, dass sich keine Probleme ergäben, wenn die Begehung einer bestimmten Straftat einschließlich der Identität des Täters fest- und nur noch die verfahrensmäßige Bewältigung der Folgen ausstünde. Dies sei bei Geiselnahmen oder dann, wenn der Täter auf frischer Tat ertappt werde, der Fall. (1996)