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Vermutungen

Unter der Überschrift »Stasi-Agent bei...?« berichtet eine Sonntagszeitung, der Ost-Berater des Regierenden Bürgermeisters von Berlin solle nach den Behauptungen eines »ehemaligen Oberleutnants der Politischen Polizei der DDR« jahrelang bezahlter Stasi Agent gewesen sein. Der Mann solle mehrere Jahre u. a. Namen von Mitgliedern der Friedensbewegung verraten, beim Filmen und Fotografieren von Bürgerrechtlern geholfen sowie der Stasi Wohnungsschlüssel eines oppositionellen Pfarrers zu dessen Überwachung verschafft haben. Gleichzeitig habe er in der Oppositionsbewegung der DDR mitgewirkt, sei deshalb im Januar 1988 festgenommen worden. Es wird die Vermutung ausgesprochen, dass die Stasi damit ihren Spitzel habe decken wollen. Der Verdächtigte habe eingeräumt, er habe seinerzeit eine Verpflichtungserklärung unterschrieben. Eine Woche später berichtet die Zeitung, der Berater des Regierenden Bürgermeisters habe zugegeben, inoffizieller Mitarbeiter des für die Schwerkriminalität zuständigen Kommissariats K 1 gewesen zu sein. Er bestreite jedoch eine Mitarbeit bei der Stasi. Die Zeitung teilt dazu mit, die Abteilung K 1 sei auch politisch tätig geworden, da in der damaligen DDR auch politische Taten unter Strafrechtsbestimmungen fielen. Das Büro des Regierenden Bürgermeisters habe von einem Angebot, diese Informationen vor Veröffentlichung selbst zu überprüfen, keinen Gebrauch gemacht. Der Regierende Bürgermeister und sein Berater beschweren sich beim Deutschen Presserat. Die Behauptungen eines anonymen Informanten seien ungeprüft übernommen, der Betroffene auf übelste Weise öffentlich denunziert worden. (1990)