Sinti-Familien im Streit
Benennung der ethnischen Zugehörigkeit macht den Vorgang verständlich
In der Cafeteria einer Universitätsklinik geraten rund 30 Personen in Streit. Sie bewerfen sich mit Tassen und Tellern und schleudern Stühle durch den Raum. Die Randalierer gehören offenbar zwei verschiedenen Familien an. Die Polizei rückt mir mehreren Streifenwagen an und hat alle Mühe, die verfeindeten Familien voneinander zu trennen und weitere Handgreiflichkeiten zu verhindern. Zum Glück ist niemand ernsthaft verletzt. Die Polizeibeamten stellen die Personalien der Streithähne fest und versuchen zu klären, warum sich Besucher der Cafeteria gestritten haben. Über den Vorfall wird anderntags in einer Boulevardzeitung berichtet. Im Foto wird gezeigt, wie die Randalierer in einem eigens angeforderten Feuerwehrbus abtransportiert werden. Sowohl in Überschrift als auch Text erwähnt die Zeitung, dass die Streitenden Sinti waren. Dagegen protestiert der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Der Bericht schüre rassistische Vorurteile gegen die gesamte Minderheit der Sinti und Roma in Deutschland. Die Redaktion der Zeitung bezweifelt, ob der Streit von der Polizei auf herkömmliche Weise hätte geschlichtet werden können. Hätte man auf den Hinweis, dass es sich um Sinti handelte, verzichtet, sei der Eindruck entstanden, 30 Deutsche wären sich hier ohne erkennbaren Grund in die Haare geraten. Andererseits wäre gleichzeitig der Eindruck vermittelt worden, Angehörige der Sinti-Gruppe würden sich nie etwas zu schulden kommen lassen. (1997)