Selbsttötungsversuch
Lebensmüder Mann auf dem Dach eines Parkhauses wird nicht erkennbar
Ein 26-jähriger lebensmüder Mann auf dem Dach eines Parkhauses hält eineinhalb Stunden 40 Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr in Atem. Um Schaulustige fern zu halten, wird die Straße gesperrt. Spezialisten der Polizei verhandeln mit dem Mann . Erst nachdem der per Hubschrauber herbeigeholte Vater mit dem Sohn gesprochen hat, gelingt es, die Situation zu entspannen. Die Zeitung am Ort berichtet ausführlich über den Vorgang, zeigt im Foto die abgesperrte Straße und den Betroffenen – von hinten fotografiert – auf dem Dach im Gespräch mit seiner Betreuerin. In dem Beitrag wird darauf hingewiesen, dass der Betroffene psychische Probleme hat. Ausgelöst worden sei seine Kurzschlussreaktion laut Polizei durch private Probleme. Seine schwangere Freundin soll ihm am Morgen mitgeteilt haben, dass sie sich von ihm trennen wolle. Schließlich wird berichtet, dass der Mann der Polizei nicht unbekannt sei. Aufgefallen sei er bereits durch Gewaltdelikte. Als Bewährungsauflage müsse er zur Zeit in einer Werkstatt für psychisch Kranke arbeiten. Einem Leser missfällt diese Art der Berichterstattung. Er beschwert sich beim Deutschen Presserat mit der Anmerkung, dass hier die bei Selbstmordversuchen gebotene Zurückhaltung nicht beachtet worden sei. Die Chefredaktion der Zeitung versichert, dass die ihr in Richtlinie 8.4 (=> heute Richtlinie 8.5) gebotene Zurückhaltung in solchen Fällen bewusst sei. Im konkreten Fall habe sich der Suizidversuch allerdings in der stark frequentierten Fußgängerzone der Stadt abgespielt und sei demzufolge von vielen Menschen beobachtet worden. Insofern habe man der Chronistenpflicht nachkommen und darüber berichten müssen. Die Persönlichkeitsrechte des jungen Mannes seien gewahrt geblieben. Man habe seinen Namen nicht genannt und auf dem Foto sei er nur von hinten zu sehen und somit nicht zu erkennen. (2001)