Homosexualität
Kommentar zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
In einer Zeitschrift erscheint unter der Überschrift „Ich bin Hetero“ ein Kommentar zum Thema „Homosexualität“. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Homo-Ehe stellt der Autor fest: „Auch davon wird das Abendland wieder einmal nicht untergehen. Wie es noch nie durch eine Vergewaltigung, Abtreibung, Mord oder Völkermord untergegangen ist“. Ein Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er ist der Meinung, dass diese Passage des Kommentars diskriminierende Wirkung hat. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, den Eilantrag Bayerns gegen die eingetragene Partnerschaft zurückzuweisen, werde in eine Linie gesetzt mit Vergewaltigung, Abtreibung, Mord oder Völkermord. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift bekundet, dass es sich bei dem Artikel um einen zulässigen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung handele. Dabei stehe es dem Autor selbstverständlich frei, seine inhaltliche Kritik sprachlich in plakative Form zu kleiden. Der Redaktion als bloßer Verbreiterin eines solchen Gastbeitrages könne der Vorwurf einer Missachtung journalistischer Grundprinzipien daher nicht gemacht werden. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werde keineswegs in eine Linie mit Vergewaltigung, Abtreibung, Mord oder Völkermord gesetzt. Es werde lediglich darauf hingewiesen, dass auch andere – tiefgreifendere – Anfechtungen der gesellschaftlichen Werteordnung über die Maßen kritikwürdig seien, ohne dass diese den Untergang des Abendlandes nach sich zögen. Doch selbst wenn man den Beitrag im Sinne des Beschwerdeführers interpretieren würde, wäre die in Rede stehende Textpassage ein zulässiger Beitrag zum öffentlichen Meinungskampf. Dem Medium, das einen solchen Beitrag verbreite, aber nicht selbst formuliere, könne kein Verstoß gegen journalistische Standesregeln vorgeworfen werden, da es zu den wesentlichen Aufgaben der Massenmedien gehöre, auch fremde Stimmen zu Wort kommen zu lassen. Dabei müsse einem Gastbeitrag die größtmögliche inhaltliche und gestalterische Freiheit eingeräumt werden. Im übrigen habe man dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, in einem Leserbrief zu der Veröffentlichung Stellung zu nehmen. (2001)