Entscheidungen finden

Leserbriefe von Mandatsträgern

Zeitung streicht ehemaligen Landtagsabgeordneten als Mitautor

Eine Lokalzeitung teilt einem früheren Landtagsvizepräsidenten mit, sie werde seinen Leserbrief über die Verwendung öffentlicher Gelder nicht veröffentlichen, da Leserbriefe von Mandatsträgern grundsätzlich nicht abgedruckt würden. Ein zweiter Brief, den der ehemalige Landtagsabgeordnete als Initiator einer Bürgerinitiative gegen Gewalt von rechts gemeinsam mit einer Mitinitiatorin unterschrieben hat, wird zwar veröffentlicht, jedoch ohne seinen Namen. Dies geschieht ohne Rücksprache mit ihm. Der Betroffene bittet den Deutschen Presserat um Prüfung dieser Vorgehensweise. Er ist der Ansicht, dass die Zeitung gegen ihn sozusagen ein Veröffentlichungsverbot ausgesprochen hat. Er betrachtet dieses Verhalten als eine unzulässige totale Beschränkung seines Meinungsäußerungsrechts als Bürger. Dass Leserbriefe von Mandatsträgern zu Themen, die mit diesem Mandat nicht das Geringste zu tun haben, nicht abgedruckt werden, stempele die Betroffenen zu Bürgern zweiter Klasse. Die Redaktionsleitung erklärt, bei ihrer Zeitung gelte seit 20 Jahren die Regel, dass nur Leserbriefe von Personen veröffentlicht werden, die kein Mandat ausüben. Diese Regelung werde von allen, mit Ausnahme des Beschwerdeführers, akzeptiert. Man habe diese Regel eingeführt, um denen, die sonst keine Möglichkeit haben, sich in der Öffentlichkeit zu artikulieren, ein Forum zu bieten. Mandatsträger hingegen hätten zahlreiche Möglichkeiten, sich in der Zeitung zu Wort zu melden. Man berichte ausführlich über Sitzungen von Kreistag und Gemeinderat und veröffentliche Stellungnahmen von Parteien, Fraktionen und Verbänden. Da dem Beschwerdeführer diese Regel bekannt und er schriftlich nochmals mehrfach darauf hingewiesen worden sei, hätte er auch wissen müssen, dass sein Name unter dem Brief über die Fremdenfeindlichkeit nicht abgedruckt werden würde. (2001)