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Foto eines ertrunkenen Kindes

Fotograf missachtete Bitte der Polizei, keine Aufnahmen zu machen

Ein Ehepaar mit drei Kindern bezieht einen Dauerstellplatz auf einem Campingplatz nahe bei einem Baggersee. Plötzlich ist sein vierjähriger Junge verschwunden. Fieberhaft wird gesucht. Mit Hubschrauber, Boot und Tauchern. Nach 18 Stunden steht fest: Das Kind ist ertrunken. Die Eltern erleiden einen Schock und werden in ein Krankenhaus gebracht. Unter der Überschrift „Wenn die Hoffnung in Tränen ertrinkt“ schildert eine Boulevardzeitung den Vorfall. Sie merkt an, dass das Verschwinden des Jungen zunächst nicht bemerkt worden sei. Offenbar hätten sich die Familienmitglieder gegenseitig aufeinander verlassen. Fest stehe: Irgendwann müsse das Kind zum Badesee gegangen, ins 1,40 Meter tiefe Wasser gestürzt und ertrunken sein. Fotos zeigen die Taucher bei der Arbeit, die geschockten Eltern und schließlich einen Taucher, der das tote Kind im Arm hält. Die Pressestelle der zuständigen Kreispolizeibehörde schaltet den Deutschen Presserat ein. Sie hält die Veröffentlichung – vor allem der Fotos – für voyeuristisch und geschmacklos. Vor Ort seien die anwesenden Pressevertreter gebeten worden, nicht zu fotografieren. Dieser Bitte sei von keiner Seite widersprochen worden. Mit Ausnahme der Mitarbeiter der Boulevardzeitung hätten alle Pressevertreter diese Bitte respektiert. Auch die Anwälte der Eltern wenden sich an den Deutschen Presserat. Durch beide Fotos werde das Persönlichkeitsrecht der Eltern und des Kindes verletzt. Die Darstellung sei zudem unangemessen sensationell. Die Behauptung „Offenbar verließen sich die Familienmitglieder gegenseitig aufeinander“ sei falsch. Die Vermutung entbehre jeder Grundlage. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass sie mit der Rechtsvertretung der Beschwerdeführer eine einvernehmliche Regelung anstrebe. Es sei daher verabredet worden, eine Stellungnahme zu dem Vorgang derzeit nicht abzugeben. Da die außergerichtliche Einigung mit dem Verlag zustande kommt, ziehen die Anwälte der Eltern ihre Beschwerde schließlich zurück. (2000)