Behinderung falsch eingeordnet
Zeitung unterstellt Lehrerin gravierende gesundheitliche Probleme
n einer deutschen Mittelstadt steht eine Schule mit einem dreißig Jahre alten Pavillon, in dem Schüler unterrichtet werden. Der Bauzustand ist nicht mehr zeitgemäß. Der Schimmelpilz treibt sein Unwesen. Es stinkt. Das wollte eine Lehrerin nicht länger hinnehmen. Sie sei schwer behindert und schon deshalb sei ihr die Arbeit in einem nach Schimmelpilz riechenden Raum nicht zumutbar. Die örtliche Zeitung berichtet, dass die Lehrerin nun in einem anderen Raum unterrichte und dass sie „gravierende gesundheitliche Probleme“ habe. Das wollte die Lehrerin so nicht stehen lassen. Sie fühlt sich durch die Veröffentlichung diskriminiert und damit unmittelbar in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Schwer behindert zu sein habe nichts mit gravierenden Gesundheitsproblemen zu tun, stellt sie in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat fest. Der Redaktionsleiter steht auf dem Standpunkt, der Raumwechsel sei auf Betreiben und zum gesundheitlichen Schutz der Lehrerin, nicht der ihr anvertrauten Kinder, erfolgt. Deshalb habe er in dem Artikel bewusst formuliert, dass der Raumwechsel auf Betreiben der Lehrerin „mit gravierenden gesundheitlichen Problemen“ zustande gekommen sei. Nur durch diesen Hinweis werde die Anweisung der Bezirksregierung zu diesem Raumwechsel für den Leser verständlich. Ohne ihn hätte kein Leser verstanden, warum der Lehrerin das Unterrichten in dem Pavillon nicht zuzumuten sei, für die Kinder aber offenbar keine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgelegen habe. (2002)