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Abzocker im Konzern

Dimension der Korruption rechtfertigt Namensnennung und Fotoveröffentlichung

Eine Zeitschrift berichtet über einen Korruptionsskandal in einem großen Unternehmen. In diesem Zusammenhang wird ein Geschäftsführer namentlich als Verdächtiger genannt. Zudem wird ein Foto von ihm veröffentlicht. Der Betroffene sieht sich vorverurteilt und schaltet über seinen Anwalt den Deutschen Presserat ein. Dieser verweist auf diverse Falschdarstellungen. So hätten z.B. die anderen Verdächtigen – entgegen der Aussage der Zeitschrift – bisher kein Geständnis abgelegt und sein Mandant sei auch von keiner Seite aus als “Kopf einer Abzockertruppe” bezeichnet worden. Der Anwalt beanstandet ferner Namensnennung und die Veröffentlichung des Fotos. Die Rechtsabteilung des Verlags betont, an jeder Stelle des Artikels werde deutlich gemacht, dass gegenwärtig staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer laufen und er deshalb nur in Verdacht stehe, strafbare Handlungen begangen zu haben. Der Betroffene sei ein führender Mitarbeiter im Konzern, so dass ein berechtigter Anlass zu einer Verdachtsberichterstattung bestanden habe. Da es sich insgesamt um Vorgänge handele, die in der Region großes Aufsehen erregt hätten, seien Namensnennung und die Veröffentlichung des Fotos gerechtfertigt. Sämtliche Tatsachenbehauptungen, die beanstandet würden, seien sorgfältig recherchiert und entsprächen dem gegenwärtigen Ermittlungsstand. Die Ermittlungsbehörden gingen davon aus, dass der Beschwerdeführer in dem Korruptionsgeflecht eine herausragende Rolle gespielt habe. (1998)