Lobeshymnen auf Unternehmen
Lokalzeitung schwärmt von Waren- und Beratungsangeboten heimischer Firmen
Eine Lokalzeitung veröffentlicht unter den Überschriften „Kosmetik, Duft und Schönheit“, „In der Welt der Weine“ und „Spezialisten für Männermode“ auf ihrer Wirtschaftsseite Berichte über lokale Unternehmen. Journalistenverband und IG Medien des Landes legen die Beiträge dem Deutschen Presserat vor. Sie sind der Meinung, dass hier gegen das Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Text verstoßen wird. Zudem zeichne für die Texte niemand verantwortlich. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, eine Leserbefragung von 1997 und darauf aufbauende Telefonaktionen und Foren hätten ergeben, dass die lokale und regionale Wirtschaft in der Zeitung kompetenter dargestellt werden müsste. Den Anspruch, neben die regelmäßig aus Rundfunk- und Fernsehnachrichten bekannten Meldungen aus der Welt-, Bundes- und Landeswirtschaft eine gleichgewichtige Darstellung lokal und regional tätiger Unternehmen zu setzen, habe die Zeitung mit Blick auf die angestrebte höchste lokale Kompetenz nicht ignorieren können. Ergebnis seien die nunmehr alle zwei bis drei Wochen im Wirtschaftsteil der Zeitung erscheinenden Porträts von Unternehmen. Berücksichtigt würden dabei Unternehmen mit Bedeutung für den Standort und die Region. Für den Zeitpunkt der Veröffentlichung eines Unternehmensporträts könne ein besonderer Anlass, z.B. ein Jubiläum, mit entscheidend sein. Dies sei jedoch kein Muss-Kriterium. Mit der Darstellung von Unternehmen wolle die Zeitung lokale und regionale Identität fördern und einen Nutzen für die Leser schaffen, der über das Verbreiten von Nachrichten hinausgeht. Die Reaktion aus der Leserschaft auf diese Berichterstattung sei ausnahmslos positiv. Beschwerden aus der Wirtschaft – und hier insbesondere von den mit den dargestellten Unternehmen konkurrierenden Firmen – habe es bislang nicht gegeben. Schließlich weist die Chefredaktion darauf hin, dass die Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen der Leser bedingt auch ein Umdenken der Redakteure erfordere. Dies bedeute jedoch nicht, dem Leser schlicht nach dem Munde zu reden oder gar die Preisgabe wesentlicher Grundsätze der freien und unabhängigen Presse. (1998)