Namensnennung
Der Detektiv eines Kaufhauses erwischt eine Kundin beim Diebstahl einer Flasche Parfüm im Werte von 27,50 Mark. Die Redaktion der Zeitung am Ort berichtet darüber und schildert auch die Reaktion der Frau. Diese sei „ausgerastet“, auf den Parkplatz gelaufen, habe laut um Hilfe geschrien und sich später „wie ein nasser Sack“ fallen lassen. Die Zeitung nennt den vollen Namen der Frau und auch den Ort, in dem ihr Mann Bürgermeister ist und sie einen Sitz im Gemeinderat hat. Ein Leser der Zeitung sieht die Frau bloßgestellt und bittet den Deutschen Presserat, diese Entgleisung zu rügen. Die Lokalredaktion ist anderer Ansicht. Der Bürger könne erwarten, dass Personen, die politische Ämter bekleiden, auch insoweit verlässlich seien, dass sie Gegenstände, die sie erwerben wollen, auch bezahlen. Täten sie das nicht, müsste dies – auch zum Schutze der Allgemeinheit – öffentlich gemacht werden. Die Redaktion räumt jedoch ein, dass sie auf die Namensnennung hätte verzichten können, nicht aber auf den Hinweis, dass es sich um eine Gemeindevertreterin und die Frau des Bürgermeisters handelt. Die Frau ist zwischenzeitlich zurückgetreten. (1996)