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Ausländer

Eine Lokalzeitung berichtet, dass das Landgericht sechs Rumänen wegen des Diebstahls großer Mengen Zigaretten zu Haftstrafen verurteilt hat. Wenige Tage später informiert sie ihre Leser, dass die Polizei zwei junge Kurden „aus dem Verkehr gezogen“ hat, weil sie im Stadtpark einen schwunghaften Heroinhandel betrieben haben. Ein Leser schreibt dem Deutschen Presserat. Er sieht keinen begründbaren Sachbezug, der die Nennung der Staatsangehörigkeit der an den genannten Vorfällen Beteiligten gerechtfertigt hätte. Die Zeitung entgegnet, der Leser müsse die Nationalität der mutmaßlichen Täter wissen, damit er die geschilderten Vorgänge beurteilen könne. Die Tatsache, dass bei bestimmten Straftaten besonders häufig Tätergruppen einer Nationalität oder ethnischen Abkunft auffällig würden, sei kriminalstatistisch und kriminalsoziologisch nachgewiesen. Die Veröffentlichung dieser Tatsache – auch im Einzelfall – diene nicht der Diskriminierung, sondern der Information über die Wirklichkeit, damit sich die Leser ein Urteil über Entwicklungen im In- und Ausland bilden könnten. Würde tatsächlich konsequent in solchen Fällen auf die Mitteilung von Nationalitäten verzichtet, wüssten die Mediennutzer bis heute nicht, dass es ein Kriminalitätsproblem durch den Zerfall des kommunistischen Zwangssystems im Osten gebe. Das Vertrauensverhältnis zwischen Lesern und Journalisten würde beschädigt, wenn wichtige Informationen zur Beurteilung eines Zusammenhangs aus „pädagogischen“ Gründen weggelassen würden. (1997)