Fotos eines Unglücksfalles
Leser empören sich über eine Vermarktung der Menschenwürde
Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „400 sahen die Tragödie – Todessturz vom Flutlichtmast“ über einen Unglücksfall in einem Fußballstadion. Ein Platzwart des Fußballvereins war von einem Flutlichtmast in den Tod gestürzt. Die Zeitung nennt den Namen des Verunglückten, bringt sein Porträt und veröffentlicht Fotos, die zeigen, wie er auf dem Flutlichtmast steht und sodann herunter fällt. Die Zeitung stellt schließlich Spekulationen über die Ursache des Sturzes an. Der Betroffene habe Liebeskummer gehabt. Die Freundin habe sich erst kürzlich von ihm getrennt. Am Fuße des Mastes habe man eine geleerte Whiskyflasche gefunden. Drei Leser des Blattes, darunter ein Vereinskamerad des Verunglückten, rufen den Deutschen Presserat an und beanstanden übereinstimmend die Berichterstattung als menschenverachtend. Die Veröffentlichungen deckten sich nicht mit den Regelungen des Pressekodex. Hier sei die Menschenwürde vermarktet worden. Geschäftsführung und Chefredaktion der Zeitung sind der Ansicht, dass ihr Blatt nicht gegen den Pressekodex verstoßen habe. Der junge Mann habe sich selbst an die Öffentlichkeit gewandt und sich mit seinem Selbstmordversuch in die Öffentlichkeit gestellt. Er sei zu einem Zeitpunkt, als 400 Fußballfans am Kartencenter für eine Dauerkarte anstanden, auf einen Flutlichtmast des Stadions geklettert und habe gedroht, dort herunter zu springen. Zum anderen sei die Zeitung von der Zulässigkeit einer identifizierenden Veröffentlichung ausgegangen. Gerade die sehr persönliche Note sei hier zu berücksichtigen. Insgesamt habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen überwogen.(2001)