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Fotos eines Unglücksfalles

Drama in einem Fußballstadion mit tödlichem Ausgang

Eine Boulevardzeitung berichtet über ein Drama im Fußballstadion: Ein junger Mann, Fußballfan und Platzwart, stürzt von einem Flutlichtmast in den Tod, nachdem sich zuvor die Feuerwehr unter Mithilfe einer Psychologin vergeblich um seine Rettung bemüht hat. Fotos zeigen, wie der Betroffene auf einem Flutlichtmast steht, dann ausrutscht und schließlich hinabstürzt. Auch ein Online-Beitrag der Zeitung enthält eine Fotogalerie, die das Opfer des Unglücks in mehreren Aufnahmen vor und beim Sturz von dem Flutlichtmast zeigt. Darüber hinaus hat der Online-Nutzer die Möglichkeit, unter dem Link „Das Video“ bewegte Bilder von dem Geschehen zu sehen. In der Druckausgabe finden sich Bilder auf der Titelseite und im Innenteil. Der volle Name des Toten wird genannt und es werden Spekulationen über die Ursache des Sturzes angestellt. So soll er es nicht verkraftet haben, dass sich seine Freundin von ihm getrennt hat, und er soll volltrunken gewesen sein. Drei Leser schalten den Deutschen Presserat ein. Sie halten übereinstimmend die Veröffentlichung für menschenverachtend. Einem von ihnen, Vereinskamerad des Verunglückten, fällt es schwer, sachlich mitzuteilen, was ihn bewege. Kamerateams einiger Privatsender hätten Szenen des tragischen Geschehens aufgenommen. Diese seien dann immer wieder, zum Teil in Zeitlupe, im Fernsehen gezeigt worden. Die Boulevardpresse sei am nächsten Tag mit Berichten in großer Aufmachung gefolgt. In der Online-Präsentation des vorliegenden Boulevardblattes sei sogar ein Video zum Herunterladen angeboten worden. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Beschwerde für unbegründet. Ihrer Meinung nach ist das Ereignis mit dem tragischen Ausgang aus der Sicht aller Medien ein herausragendes, wie auch die zahlreichen Fernsehausstrahlungen belegen. Über das Ereignis hätte berichtet werden müssen, auf jeden Fall aber berichtet werden können. Die Presse und überhaupt die Medien könnten nicht immer auf eine Berichterstattung verzichten, auch wenn damit gerechnet werden könne, dass nicht alle damit einverstanden seien. Im übrigen sei die Einstellung von Bildern und Texten aus dem entsprechenden Printmedium in Online-Dienste branchenüblich.