Adresse eines Mordopfers
Zeitung beschreibt den Tatort eines blutigen Ehestreits
In zwei Artikeln berichtet eine Lokalzeitung über den Tod einer 45jährigen Ehefrau, die in ihrer Wohnung erstochen aufgefunden worden ist. Tatverdächtig ist der Ehemann. Im ersten Bericht heißt es, nach ihm werde gefahndet. Im zweiten Beitrag wird mitgeteilt, er habe sich in Rom gestellt. Die Texte enthalten eine Vielzahl von Angaben zu dem Ehepaar, wie z.B. volle Namen, Beruf, Kinderzahl, Adresse sowie ein Foto des Verdächtigen. Zudem wird der Abtransport der Leiche in einem Zinksarg gezeigt. Eine Leserin, mit dem Opfer persönlich bekannt, kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Vielzahl der Angaben und die Veröffentlichung des Sargfotos. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, sie habe das Foto des Verdächtigen und dessen vollen Namen auf Bitten der Polizei veröffentlicht. Der Name des Opfers wäre im Normalfall nicht ausgeschrieben worden. Da es sich jedoch um die Ehefrau des mutmaßlichen Täters handelte und dieser aus Fahndungsgründen mit vollem Namen genannt wurde, hätte es aus Sicht der Redaktion wenig Sinn gemacht, in diesem Fall den Namen des Opfers abzukürzen. Das Opfer sei als Lehrerin einer großen Grundschule vielen Menschen in der Stadt bekannt. Diese hätten auch gewusst, dass das Ehepaar vier Kinder hat. Da sich der Tod der Frau schnell verbreitet habe und auch Rundfunkberichte über die Tat gelaufen seien, habe die Redaktion weitergehenden Bedürfnissen an Information in Wort und Bild Rechnung tragen wollen. So sei es zu dem Foto gekommen, das den Abtransport des Sarges zeigt. (1998)