Frauen streiten um alte Klamotten
Bürgermeisterin an Ex-Freundin: Ich will meine Kleider zurückhaben
„Amtsgericht muss sich mit Kleiderstreit beschäftigen“ titelt eine Regionalzeitung. Die Unterzeile lautet: „Bürgermeisterin stellt Anzeige wegen Unterschlagung/Freispruch auf Steuerzahlerkosten“. Drei alte Kleider seien der Grund gewesen, warum die Bürgermeisterin einer Kleinstadt vor Gericht gezogen sei. Sie habe ihre ehemalige Freundin und Ex-Stadträtin wegen Unterschlagung angezeigt. Im Prozess geht es um drei Kleidungsstücke, die die Bürgermeisterin der Ex-Stadträtin vor einigen Jahren überlassen habe. Diese sagt vor Gericht, dass sie die Kleider gar nicht gewollt und sie deshalb entsorgt habe. Nachdem die Freundschaft der beiden Frauen – so die Zeitung – zerbrochen sei, habe die Bürgermeisterin die Sachen wieder zurück haben wollen. Dann habe sie Anzeige wegen Unterschlagung erstattet. Beschwerdeführerin in diesem Fall ist die Bürgermeisterin. Nach deren Meinung verstößt der Artikel massiv gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Entgegen aller journalistischen Gepflogenheit werde im Gerichtsbericht mit Klarnamen über eine Verhandlung berichtet, zu der sie als Zeugin bzw. Nebenklägerin geladen gewesen sei. Sie sei zwar als Bürgermeisterin in gewisser Weise eine Person des öffentlichen Lebens, doch sei dieser Gerichtstermin eindeutig ihrer Privatsphäre zuzuordnen. Hinzukomme, dass der Anlass für den Prozess vor ihrer Wahl zur Bürgermeisterin gewesen sei. Die Angeklagte sei lediglich vier Jahre lang Stadträtin gewesen und sei heute eine Privatperson. Der Chefredakteur der Zeitung vertritt die Ansicht, dass für Politiker in einem herausgehobenen Amt andere Regeln als für Privatpersonen gelten. Die Redaktion habe sorgfältig abgewogen, ob es angemessen sei, den Namen der amtierenden Bürgermeisterin zu nennen. Sie sei zu dem Schluss gekommen, dass zumindest im lokalen und regionalen Umfeld von öffentlichem Interesse sei, wenn die Bürgermeisterin einer Stadt einen völlig bedeutungslosen Streit unter ehemaligen Freundinnen vor Gericht austrage und die Justiz für private Scharmützel instrumentalisiere. Die Glaubwürdigkeit der Zeitung hätte wohl sogar Schaden genommen, wenn man den unwürdigen Auftritt der Bürgermeisterin vor Gericht nicht öffentlich gemacht hätte. Der Chefredakteur kann den Vorwurf der Bürgermeisterin, die Lokalzeitung veranstalte eine Kampagne gegen sie, nicht nachvollziehen. Die Lokalredaktion gehe gerade im Fall der Beschwerdeführerin mit aller gebotenen Sorgfalt vor. Angesichts der zahlreichen (erfolglosen) Gegendarstellungsforderungen und regelmäßigen Drohungen mit dem Presserat sei die Redaktion noch mehr sensibilisiert, keine Angriffsflächen zu bieten.