Reporter mit Blumen vor der Tür
Fotos aus sozialen Netzwerken heben den Opferschutz nicht auf
Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht einen Bericht unter der Überschrift „Schwangere Anastasia erschlagen und in die Donau geworfen“. Der 24-jährige Freund der Getöteten sei verhaftet worden. Zu dem Todesfall äußert sich laut Angaben der Zeitung der Bruder des Opfers. Zum Bericht gestellt sind mehrere Fotos. Eines davon zeigt die Getötete, wie sie ihren Bauch befühlt. Weitere Bilder zeigen die Bergung der Leiche und den Trauerzug bei der Beerdigung. Die Mutter des Opfers ist in diesem Fall Beschwerdeführerin. Sie berichtet, kurz nach dem Tod der Tochter sei ein Reporter mit einem Blumenstrauß vor ihrer Tür gestanden und habe um ein Interview gebeten. Sie habe abgelehnt und betont, dass sie keinen Bericht in der Zeitung sehen wolle. Nun stelle sie fest, dass das Blatt über den gewaltsamen Tod ihrer Tochter mit Bildern berichte, die sie gar nicht kenne. Auf einem Foto sei ihr Sohn – der Bruder der getöteten Frau – zu sehen. Ein Urnenträger habe – wie auf einem Foto zu sehen – dem Fotografen mit dem Zeigefinger gedroht, als er den fotografierenden Journalisten bemerkt habe. Die Mutter sieht in alldem einen Fall von Persönlichkeitsverletzung. Die Rechtsvertretung der Zeitung verweist darauf, dass der Redaktion nicht bekannt gewesen sei, dass die Mutter der getöteten Frau gegen die Veröffentlichung der Fotos Einwände gehabt habe. Ein Redakteur der Zeitung habe mit dem Bruder der Getöteten im Haus der Mutter und in deren Anwesenheit gesprochen. Das Gespräch habe nach einem Treffen der Beteiligten mit zwei Reportern der örtlichen Zeitung stattgefunden. Die Fotos habe die Redaktion dem Internet entnommen. Dort sei kein Hinweis zu erkennen gewesen, dass der Zugriff auf die Fotos durch Dritte limitiert oder untersagt gewesen sei. Insofern habe die Redaktion von einem Einverständnis zur Veröffentlichung ausgehen können. Nach Darstellung der Zeitung trifft es nicht zu, dass einer der Urnenträger dem Fotografen mit dem Finger gedroht habe.