Begründbarer Sachbezug ist nicht gegeben
Redaktion einer Regionalzeitung nennt die Herkunft eines Diebes
Ein 27-jähriger Asylbewerber aus Tunesien greift sich in einer anhaltenden Straßenbahn die Umhängetasche eines 76-jährigen Mannes und verlässt mit seiner Beute den Waggon. Später nimmt die Polizei den Mann fest, bei dem sie Gegenstände des Bestohlenen findet. Da der Verdacht besteht, dass der Mann bei dem Diebstahl mit einem Messer bewaffnet war, erlässt ein Richter einen Haftbefehl. Die Regionalzeitung berichtet über den Vorfall. Eine Leserin der Zeitung kritisiert die Zeitung, weil sie ohne jeglichen Sachbezug die Herkunft des jungen Mannes – Tunesien – genannt habe. Für den Herausgeber und Chefredakteur der Zeitung besteht sehr wohl ein Sachbezug. Deshalb habe die Redaktion die Nationalität des Beschuldigten erwähnt. Die Redaktion habe erklären müssen, warum der Haftbefehl erlassen worden sei. Der Vorfall habe sich zudem nur wenige Meter von der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber entfernt ereignet. Der Chefredakteur berichtet von einer massiven Zunahme der Kriminalität in der Stadt. Bei einer Pressekonferenz hätten Polizei und Stadtverwaltung von 550 zusätzlichen, polizeirelevanten Vorfällen durch Flüchtlinge im Umfeld von Aufnahmeeinrichtungen berichtet. Dabei handele es sich im Wesentlichen um Eigentumsdelikte und Kfz-Aufbrüche. Die Behörden hätten mehrfach gegenüber der Zeitung und zuletzt bei einer Bürgerversammlung gegenüber der Bürgerschaft eine Linie der Transparenz und Offenheit angekündigt. Diese würde in den Mitteilungen der Polizei umgesetzt. Das sei auch nach der Festnahme des Tunesiers der Fall gewesen. Die Diskussion über die öffentliche Sicherheit hätte in der Stadt eine neue Qualität erreicht. Da die Zeitung eine Beeinträchtigung ihrer Glaubwürdigkeit befürchte und sich nicht dem Vorwurf der Nachrichtenunterdrückung aussetzen wolle, habe sich die Redaktion entschlossen, die Nationalität von Straftätern zu nennen und so dem Beispiel von Polizei und Staatsanwaltschaft zu folgen.