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Kofferdiebstahl hat nichts mit der Ethnie zu tun

Nennung der Nationalität nur bei begründbarem Sachzusammenhang

Eine Regionalzeitung berichtet, an einem Bahnhof sei ein Gepäckstück gestohlen worden. Ein 31-jähriger Algerier habe nach Ankunft eines Intercity-Zuges gewartet, bis alle Reisenden ein oder ausgestiegen seien. Danach sei er selbst in den Zug eingestiegen und habe diesen wenig später mit einem roten Koffer verlassen. Der Mann – so die Zeitung – sei festgenommen worden. Gegen ihn lägen bereits mehrere Anzeigen wegen Diebstahls mit Waffen und wegen Wohnungseinbruchs vor. Ein Haftbefehl sei erlassen worden. Ein Leser der Zeitung ist der Ansicht, dass die Zeitung die Richtlinie 12.1 des Pressekodex (Diskriminierungen/Berichterstattung über Straftaten) verletzt habe. Ohne Sachbezug werde erwähnt, dass der Beschuldigte Algerier sei. Nach Auskunft des Herausgebers und Chefredakteurs der Zeitung habe die Redaktion über den Hintergrund des festgenommenen Tatverdächtigen berichtet, eben weil ein ausdrücklicher Sachbezug vorgelegen habe. Bei dem Festgenommenen handele es sich laut Bundespolizei um einen Mehrfachtäter. Die Nennung des Hintergrundes sei wichtig, um die Ausstellung des Haftbefehls zu erklären. Die Sicherheitsbehörden hätten im Verlauf einer eigens einberufenen Pressekonferenz auf den massiven Anstieg der Straftaten am Verlagsort, einer Großstadt, hingewiesen. Bei den Tatverdächtigen bzw. überführten Straftätern handele es sich sehr oft um Flüchtlinge. Vor allem im Umfeld der Aufnahmeeinrichtungen habe sich die Kriminalitätsrate sehr stark erhöht. Am häufigsten komme es zu Kfz-Aufbrüchen und Diebstählen, die sich vor allem afrikanische Tätergruppen wie im vorliegenden Fall zuschulden kommen ließen. Es sei – so der Chefredakteur – wichtig, dass die Zeitung angesichts der leidenschaftlichen Diskussion über die Kriminalität in der Stadt auf den Täter-Hintergrund hinweise. Die Nennung dieses Umstandes sei keine Diskriminierung. Vielmehr sei sie ein notwendiger Beitrag zur Meinungsbildung in einer die Öffentlichkeit sehr stark berührenden Frage. Der Täterhintergrund werde in Veröffentlichungen von Staatsanwaltschaft und Polizei regelmäßig genannt. Diesen nicht zu nennen, würde die Zeitung dem Vorwurf der systematischen Nachrichtenunterdrückung aussetzen. Damit würde das Ansehen der Presse geschädigt.