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Lieblingsenkel als mutmaßlicher Mörder

Verbrechen an zwei Jungen sorgten für deutschlandweites Aufsehen

„Mordfälle Elias und Mohammed aufgeklärt – Oma-Liebling, Einzelgänger, Kindermörder –(… - Name der Zeitung) auf Spurensuche im Leben des Serienmörders Silvio S.“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Sie berichtet über Einzelheiten aus dem Leben des mutmaßlichen Mörders der kleinen Jungen Elias und Mohammed. Zum Bericht gestellt ist ein großflächiges Foto von Silvio S. Zwei kleinere Bilder zeigen die Opfer. Über die Schulzeit des mutmaßlichen Täters wird berichtet und auch, dass er der Lieblingsenkel seiner Oma gewesen sei. Diese wird mehrfach zitiert. Sie könne sich die Taten nicht erklären. In den Text sind weitere Fotos von Silvio S. eingebettet. Auf einem Familienfoto, das am 80. Geburtstag der Oma aufgenommen worden ist, ist nur Silvio S. unverpixelt zu sehen. Auch werden Fotos von einer Überwachungskamera abgedruckt, die zur Festnahme des mutmaßlichen Täters geführt haben. Dieser wird außerdem noch auf weiteren Fotos gezeigt, die in früheren Tagen aufgenommen wurden. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass Silvio S. ungepixelt gezeigt wird. Der Presserat erweitert das Verfahren auf eine mögliche Verletzung von Ziffer 8 des Pressekodex, weil die Zeitung die beiden ermordeten Kinder im Bild zeigt. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet und spricht von einem der bedeutendsten Kriminalfälle der letzten Jahre. Die Suche nach den Kindern habe deutschlandweit großes Aufsehen erregt. Das Foto des (mutmaßlichen, d. Red.) Täters sei von überragendem Interesse. Am Vortag der Veröffentlichung habe Silvio S. die Morde gestanden. Wenn auch noch nicht strafprozessual schuldig gesprochen, sei der Mann doch in der Sache überführt. Die Rechtsvertretung kommt zu dem Schluss, dass die Persönlichkeitsrechte von Silvio S. hinter das überragende öffentliche Interesse an der Berichterstattung zurücktreten müssten. Es sei Pflicht der Medien, über die Aufklärung der Verbrechen zu berichten. Auch die Abbildung der Opfer sei presseethisch zulässig. Es handele sich um Fahndungsfotos, die in der Öffentlichkeit zum Zeitpunkt der Berichterstattung schon bekannt gewesen seien. Es müsse zulässig sein, die Suchbilder auch über den Abschluss der Fahndung hinaus zu veröffentlichen.