Subjektives Empfinden eines Journalisten
„Ladenbesitzer angepöbelt“ – Polizei: „Ein friedlicher Demo-Verlauf“
In einem Ortsteil einer Großstadt soll ein Heim für kriminelle jugendliche Asylbewerber eingerichtet werden. Nach Darstellung der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung gibt es Proteste gegen die Einrichtung. Sie berichtet auch von Gegenprotesten. Danach hätten Gegendemonstranten Ladenbesitzer angepöbelt, die sich gegen die Flüchtlingseinrichtung gewandt hätten. Die Ladenbesitzer werden mit den Worten zitiert, sie hätten nichts gegen Asylbewerber, wohl aber gegen Intensivtäter. Dem Artikel ist ein Foto beigestellt, das laut Unterschrift die Demonstration an einem namentlich genannten Ort zeigt. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass die Zeitung den Ort der Demonstration falsch angegeben habe. Schon deshalb sei es falsch zu behaupten, dass rund 200 Demonstranten an diesem Ort die Ladenbesitzer angepöbelt hätten. Die Polizei sei bei der Demonstration gewesen und habe hinterher gesagt, dass sie friedlich abgelaufen sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, der Artikel und das Bild seien der Redaktion von einem langjährigen und bewährten Mitarbeiter geliefert worden. Dieser habe den Ort des Geschehens als „in der Nähe der Flüchtlingseinrichtung“ liegend beschrieben. Insofern könne die im Beitrag gemachte Ortsangabe strenggenommen etwas ungenau sein. Feststehe, dass Ladenbesitzer im Umfeld des geplanten Asylbewerberheims Unterschriften gesammelt hätten. Dies sei unstrittig und werde von der Beschwerdeführerin auch nicht beanstandet. Die vom Autor des Beitrages beschriebenen Vorgänge auf der Demonstration haben sich aus dessen Sicht so zugetragen, auch wenn die Polizei von einem friedlichen Verlauf spreche. Das sei kein Widerspruch zu der Aussage des Journalisten, dass die Stimmung aufgeheizt gewesen sei. Ob Wut in der Luft lag oder nicht, sei ein subjektives Empfinden des beobachtenden Journalisten. Ein Verstoß gegen das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht könne davon nicht abgeleitet werden.