Leser erwarten eine wertende Einordnung
Auseinandersetzung über Kolumne zu einer Günther-Jauch-Sendung
Unter der Überschrift „Dreister AfD-Politiker provoziert bei Jauch-Talk mit Deutschland-Fahne“ veröffentlicht die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins eine TV-Kolumne. Darin heißt es: „Justizminister Maas rede wie Honecker, die deutsche Frau habe blond zu sein, der Ausländer vergewaltige oft: Und dann packt AfD-Mann Höcke auch noch die Deutschlandfahne aus.“ Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitschrift – wirft dieser eine falsche Tatsachenbehauptung vor. Der Kolumnist behaupte, Höcke habe gesagt, eine deutsche Frau habe blond zu sein. Das entspreche nicht der Wahrheit. Diese Aussage sei in der besagten Sendung nicht gefallen. Wörtlich habe Höcke gesagt: „Die Angstträume werden größer, gerade für blonde Frauen.“ Er habe später noch entschuldigend ergänzt: „Natürlich waren auch brünette, rothaarige und schwarzhaarige gemeint.“ Der Beschwerdeführer stellt weiter fest, die Deutschlandfahne sei keine Provokation, sondern ein Hoheitszeichen. Der Presserat beschränkt die Beschwerde auf ein mögliches falsches Zitieren. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe stellt fest, bei der kritisierten Kolumne handele es sich um einen Meinungsbeitrag. Da erwarte der Leser nicht die präzise Wiedergabe eines Geschehens, sondern eine wertende Einordnung. Daher sei es völlig in Ordnung, wenn die Autorin sich nicht nur mit dem auseinandersetze, was AfD-Politiker Höcke wörtlich gesagt habe, sondern damit, was er durch die Gesamtheit seiner Aussagen und seines Auftritts transportiert habe. Wenn jemand wie Björn Höcke von größer werdenden Angstträumen „gerade für blonde Frauen“ spreche, während er ein Deutschlandfähnchen auf seine Sessellehne hänge, dann sei klar, dass er sich nicht um blonde Migrantinnen sorge. Die Haarfarbe werde hier als Chiffre für die nationale Zugehörigkeit verwendet. Die Formulierung im Text sei eine Zuspitzung, als solche aber auch erkennbar. Hier werde ersichtlich nicht wörtlich wiedergegeben, was Höcke gesagt habe, sondern wie die Autorin ihn aufgrund seines gesamten Auftritts sehe. Für solche Meinungen müsse Platz sein. Dies vor allem im Zusammenhang mit Politikern, die selbst polemisch agierten.