Zeitung bewegt sich auf juristischem Glatteis
„Sammelklagen“ und „Musterfeststellungsklagen“ – was ist richtig?
Eine überregionale Zeitung weist per Teaser auf einen Online-Artikel hin. Der Beitrag lautet so: „Wirtschaft – Abgas-Skandal Jetzt buhlen die Anwälte um Schummeldiesel-Besitzer – Ab Donnerstag besteht die Möglichkeit, wegen des Abgas-Betrugs Sammelklagen gegen VW einzureichen. Die Verbraucherzentralen und der ADAC bereiten eine vor. Aber auch die Kanzlei Hausfeld preist mit neuen Argumenten ihren Klageweg an.“ Im Online-Artikel selbst wurde dann berichtet, ab Donnerstag gelte das Gesetz zur Einführung zivilrechtlicher Musterfeststellungsklagen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen plane, in Kooperation mit dem ADAC die erste Musterfeststellungsklage gegen VW einzureichen. Auch hier wurde teilweise der Begriff „Sammelklage“ anstatt „Musterfeststellungsklage“ verwendet. Ein Leser der Zeitung kritisiert, der Artikel verstoße gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltsplicht/Wahrheitsgehalt). Die Redaktion suggeriere, es handele sich um eine „Sammelklage“, was erwiesenermaßen falsch sei. Eine Sammelklage sei gezielt durch die Gesetzgebung verhindert worden. Ermöglicht sei nur eine Musterfeststellungsklage, die im Gegensatz zu einer Sammelklage jedem Beteiligten nur einen individuellen Prozess ermögliche. Bei einer Sammelklage sei genau das nicht mehr notwendig. Das aber wolle der Gesetzgeber ausdrücklich nicht. Insofern – so der Beschwerdeführer – belüge und manipuliere die Zeitung die Öffentlichkeit. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass die Musterfeststellungklage im strengen juristischen Sinne keine Sammelklage sei. Dies werde aber dem Leser in dem besagten Artikel an mehreren Stellen erklärt. Nach Eingang der Beschwerde und Rücksprache mit den Autoren habe die Zeitung den kritisierten Vorspann unverzüglich präzisiert: „Ab Donnerstag besteht die Möglichkeit, sich an einer Art Sammelklage gegen VW zu beteiligen.“