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Opfer eines illegalen Autorennens?

Boulevardzeitung nennt die Nationalität der beteiligten Autofahrer

„Junge (6) von Raser (31) erfasst – tot“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über einen Verkehrsunfall, bei dem ein sechsjähriger Junge getötet worden sei. Laut Zeitung werde vermutet, dass zwei Männer sich ein illegales Autorennen geliefert hätten. Einer der beiden habe das Kind erfasst. Die Redaktion teilt mit, beide Fahrer seien Syrer. Ein Leser der Zeitung vertritt in seiner Beschwerde die Ansicht, dass die Angabe der Nationalität nicht durch ein begründetes öffentliches Interesse gedeckt ist. Der Chefredakteur antwortet auf die Beschwerde. In Fällen wie diesem halte die Redaktion an der grundsätzlichen presseethischen Position fest, dass die Öffentlichkeit vor allem bei spektakulären Straftaten, die sich im öffentlichen Raum ereigneten, ein besonderes Interesse daran habe, von den Medien umfassend über Tat und Täter informiert zu werden. Dabei habe die Presse darauf zu achten, dass es nicht zur Diskriminierung von Minderheiten komme. Im konkreten Fall finde keine diskriminierende Verallgemeinerung statt. Durch die einmalige Erwähnung der Nationalität der beiden Verdächtigen werde der Fokus keineswegs auf „den rasenden Syrer als solchen“ gerichtet. Die Information über die Herkunft gehöre vielmehr zur Geschichte, weil sie ein Detail zeitgeschichtlicher Ereignisse sei, das nicht unterdrückt werden dürfe. Im Rahmen der hergebrachten Chronistenpflicht sei die Erwähnung der Nationalität nicht unethisch, sondern im Rahmen des Informationsauftrages der Presse gerechtfertigt.