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Eine Bluttat „wie aus dem Nichts“

Verpixelung eines Fotos anonymisiert das Opfer ausreichend

Eine Boulevardzeitung berichtet online über ein Tötungsdelikt. In einem ersten Beitrag lautet die Überschrift „Wer erstach Marietta B. (70)?“ Die Seniorin sei „wie aus dem Nichts“ in ihrer Wohnung niedergemetzelt worden. Die Redaktion nennt die Straße, in der die Frau gewohnt hatte. Der Beitrag informiert über die Familienverhältnisse (drei Töchter, ein Sohn) und über den Nachbarn, der die Tote gefunden habe. Die Zeitung zeigt ein verpixeltes Foto des Opfers und informiert darüber, dass das Opfer mit seinem Sohn Tarek B. zusammengewohnt habe, in der Wohnung darunter seine Tochter Corinna O. Von Verdächtigen fehle jede Spur. Später berichtet die Zeitung, dass die Tochter unter Tatverdacht festgenommen worden sei. Wieder zeigt die Redaktion das verpixelte Foto. Im Fokus der Ermittlungen hätten zunächst die drei Töchter, darunter Zwillinge, und der Sohn des Opfers gestanden. Drei der vier erwachsenen Kinder hätten - so die Polizei – immer noch eng von der Mutter betreut werden müssen. Eines der Zwillingsmädchen sei ein besonderes Sorgenkind gewesen, berichte eine Nachbarin, Es habe die Mutter ständig beschimpft. Der Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Ehemann einer der Töchter. Folge der Berichterstattung sei, dass seine Schwägerin Nachrichten auf Facebook bekomme. Darin sei die Rede davon, dass sie ihre Mutter getötet habe. Das veröffentlichte Foto des Opfers, das von der Familie nicht freigegeben worden sei, stamme wohl von einer Nachbarin. Er sieht auch Verstöße gegen den Opferschutz nach Ziffer 8 des Kodex wegen der Verwendung des Fotos sowie die Nennung der Vornamen der Kinder. Er vermutet zudem eine Vorverurteilung, weil behauptet werde, seine Frau habe unter Verdacht gestanden. Die zuständige Redakteurin sieht den Persönlichkeitsschutz gewährleistet. Die Redaktion habe sämtliche Namen und Fotos der erwachsenen Kinder besessen, aber auf die Veröffentlichung verzichtet. Ihrer Sorgfaltspflicht habe die Redaktion u. a. durch die Verwendung des Konjunktivs Genüge getan. Das verwendete Foto des Opfers – so die Redakteurin weiter – sei von einer nahen Angehörigen freigegeben worden. Die Informationen stammten zum großen Teil von einer Tochter, die in der Wohnung unter der ihrer Mutter wohne, sowie einem Nachbarn und zwei Freundinnen des Opfers. Niemand habe etwas dagegen gehabt, dass die Redaktion über den Mord an der Rentnerin berichtet.