Ein Radunfall mit schrecklichen Folgen
Chefredakteur: Berichterstattung liegt im öffentlichen Interesse
Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online einen Betrag unter der Überschrift „Teamchef fordert Knast für Unfallverursacher“. Sie informiert über den schweren Sturz eines Niederländers bei einem Radrennen in Polen. Zum Beitrag gestellt sind zwei Fotos, auf denen zu sehen ist, wie er und ein ebenfalls verletzter Fotograf ärztlich versorgt werden. Eine Ärztin wird zitiert. Demnach sei der Gaumen des Sportlers gebrochen. Der Teamchef sagt, dass alle Knochen im Gesicht des verunglückten Sportlers gebrochen seien. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung eine unangemessen sensationelle Darstellung. Er meint damit vor allem die Fotos und das Statement der Ärztin. Im Rahmen der Vorprüfung hat der Presserat die Beschwerde auf eine mögliche Verletzung der Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit) erweitert. Nach Meinung des Chefredakteurs der Zeitung bediene die Berichterstattung das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einem außergewöhnlichen Radunfall und dessen schrecklichen Folgen. Im Beitrag würden der Geschehensablauf und die medizinischen Folgen des Unfalls dokumentiert, und zwar objektiv, unabhängig und authentisch. Die Fotos zeigten weder das Gesicht noch die Verletzungen des Verunglückten. Auch der Vorwurf, den Opferschutz nach Richtlinie 8.2 verletzt zu haben, greife hier nicht. Das Wissen um die Identität des verunglückten Radsportlers sei nicht – wie vom Beschwerdeführer angenommen - unerheblich. Es handele sich um einen Akteur, der bewusst am öffentlichen Leben im Sinne von Richtlinie 8.2, Satz 2, teilnehme, indem er öffentlich wahrnehmbare Radrennen fahre, über die sämtliche Medien berichteten.