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Heftige Kontroverse um einen Grundstücksverkauf

Bürgermeister: Falsche Berichterstattung schadet meiner Reputation

Eine Regionalzeitung berichtet online und gedruckt über eine Auseinandersetzung auf Gemeindeebene. In den jeweiligen Überschriften ist von einem Betrugsvorwurf gegen den örtlichen Bürgermeister die Rede. Im Text wird jeweils die Frage gestellt, ob der Bürgermeister ein Betrüger sei. Diese Auffassung vertrete ein Einwohner, der von der Gemeinde ein Grundstück habe kaufen wollen. Sein Vorwurf: Der Bürgermeister habe ihm im Zusammenhang mit einem Grundstückskauf zu viel Geld aus der Tasche ziehen wollen. Die Zeitung lässt den Kaufinteressenten ausführlich zu Wort kommen. Der fühlt sich „veräppelt“, weil die Gemeinde ihm für ein Grundstück zu viel Geld abknöpfen wolle. Die Verwaltung beruft sich auf ein Gutachten, von dem der Kaufinteressent behauptet, es stamme von einer „Haus- und Hofgutachterin“. Die Zeitung berichtet, der Mann habe den Bürgermeister wegen „versuchten Betrugs“ und „weiterer, noch zu beweisender Vorwürfe“ angezeigt. Laut Zeitung geht es auch um Amtsmissbrauch, Vetternwirtschaft und Steuerverschwendung. Die Zeitung gibt die Meinung des Kaufinteressenten so wieder: „Ein Bürgermeister, der rechtswidrig handelt, darf kein Bürgermeister sein.“ Die Redaktion gibt im Verlauf einer längeren Passage im Artikel dem Mann die Möglichkeit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Der Bürgermeister wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Der Stadtrat habe seinerzeit beschlossen, ein bestimmtes Grundstück an einen bestimmten Erwerbsinteressenten zu verkaufen und den Kaufpreis gutachterlich ermitteln lassen. Das Gutachten habe einen Kaufpreis von 4.700,-- Euro ergeben. Das sei dem Kaufinteressenten zu teuer gewesen. Ein Gegengutachten habe einen Kaufpreis von 1.700,00 Euro genannt. Da über den Verkaufspreis keine Einigung erzielt worden sei, habe der Stadtrat die Aufhebung des vorherigen Verkaufsbeschlusses beschlossen. Das betreffende Grundstück steht folglich seitdem nicht mehr zum Verkauf. Der Beschwerdeführer beklagt sich darüber, dass in der Berichterstattung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, dass er als Bürgermeister lediglich einen Stadtratsbeschluss umgesetzt habe. Er sieht durch die Berichterstattung seine Persönlichkeitsrechte beeinträchtigt. Er sei eine Person des öffentlichen Lebens. Die Wiedergabe der Vorwürfe schade in erheblicher Weise seiner Reputation als Person und als Bürgermeister. Die Zeitung gebe einseitig, unkritisch und unkommentiert die Meinung einer Person wieder, nämlich die des Kaufinteressenten. Die Zeitung hätte den Bürgermeister nicht unkommentiert mit den Vorwürfen in Verbindung bringen dürfen. Sie hätte die unzutreffenden und beleidigenden Äußerungen des Kaufinteressenten nicht wiedergeben dürfen. Die Redaktion steht zu ihrer Berichterstattung und sieht in keinem Punkt presseethische Grundsätze verletzt. Anders als vom Bürgermeister behauptet, werde im Beitrag sehr wohl erwähnt, dass der Bürgermeister einen Stadtratsbeschluss umgesetzt habe und dass es sich um das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen handele.