Die Redaktion trägt die Verantwortung
Streit um eine Nutzer-Behauptung innerhalb eines Online-Forums
Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den früheren Hauptgeschäftsführer einer Industrie- und Handelskammer. Der Beitrag wird von einigen Lesern kommentiert. Einer von ihnen zitiert aus einer Meldung eines örtlichen Radiosenders. Dabei ist die Rede davon, dass sich der IHK-Mann wegen falscher Angaben in einer Bilanz vor dem Amtsgericht verantworten muss. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen weitere Personen seien noch nicht abgeschlossen. Beschwerdeführer ist der in der Berichterstattung namentlich genannte Ex-Hauptgeschäftsführer. Er vertritt die Auffassung, dass die Veröffentlichung sechs Jahre nach dem Vorgang gegen den Pressekodex verstoße. Die Darstellung sei sachlich falsch und verletze seine Persönlichkeitsrechte. Eine Löschung der Beiträge sei durch Google mit dem Hinweis auf ein angebliches öffentliches Interesse abgelehnt worden. Man habe ihn an die Zeitung als Betreiber des Web-Contents verwiesen. Der Chefredakteur der Zeitung habe die Löschung jedoch mit dem Hinweis abgelehnt, dass es sich bei der kritisierten Passage um den Meinungsbeitrag eines Lesers in einem öffentlichen Forum und nicht um einen geprüften journalistischen Text handele. 2009 sei die Darstellung in dem Zitat korrekt gewesen. Es gebe daher keinen Anlass, die Einträge zu löschen. Der Chefredakteur ist der Ansicht, dass dies kein Fall für den Presserat sei. Es gehe um eine Tatsachenbehauptung, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung korrekt oder zumindest als Verdachtsberichterstattung rechtlich einwandfrei gewesen sei. Die Meinungsäußerungen im Forum seien nicht ehrenrührig. Der Chefredakteur erinnert daran, dass es zwischen dem IHK-Präsidenten und dem damaligen Hauptgeschäftsführer einen „veritablen Skandal“ gegeben habe. Der Beschwerdeführer habe damals seinen Job verloren. Die Staatsanwaltschaft habe gegen den Mann ermittelt. Noch heute werde sein Name ungeachtet strafrechtlicher Konsequenzen vor allem mit der IHK-Affäre in Verbindung gebracht. Den Forumsbeitrag zu löschen oder auch nur die eine beanstandete Passage zu entfernen, wäre – so der Chefredakteur – ein Präzedenzfall. Jeder Leser könnte daraus das Recht ableiten, eine für ihn unangenehme Berichterstattung im Nachhinein löschen zu lassen, ganz unabhängig davon, ob die Berichterstattung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung richtig oder falsch gewesen sei.