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Schleichwerbung für Schönheitschirurgin, Dirndl-Designerin und trägerlosen BH

Boulevardblatt berichtet zu werblich über Vorbereitung von Promis auf Oktoberfest

Eine Boulevardzeitung berichtet online darüber, wie sich zwei TV-Prominente als Vorbereitung auf das nächste Oktoberfest bei einer Münchner Schönheitschirurgin operieren lassen. Die Behandlung und das Angebot der Ärztin werden ausführlich und positiv beschrieben. Der Artikel enthält zudem Hinweise auf eine Dirndl-Designerin und einen BH-Hersteller. - Der Beschwerdeführer sieht in der Veröffentlichung Schleichwerbung. - Die Zeitung entgegnet, die Berichterstattung sei in einer für Promi- und Boulevardthemen angemessenen Art und Weise erfolgt. Der Beitrag sei ausschließlich unter redaktionellen Gesichtspunkten entstanden, und die Zeitung habe dafür weder Geld noch geldwerte Leistungen erhalten. Ein allenfalls vorhandener Werbeeffekt sei durch ein begründetes öffentliches Interesse hinreichend gedeckt. Bei ihrer umfassenden Vorberichterstattung zum diesjährigen Oktoberfest habe das Leute-Ressort auch darüber berichten wollen, wie sich Promis auf die Wiesn vorbereiten. Das massive öffentliche Interesse an diesen Themen drücke sich auch in den Suchanfragen bei Google aus. Im konkreten Fall habe sich die Redaktion an eine regionale Prominente gewandt. Dabei habe der Reporter erfahren, dass sie und ihr prominenter Verlobter sich einer kleineren Schönheits-OP unterziehen wollten. Er habe die beiden begleiten dürfen. Bei dem Termin habe der Reporter wissen wollen, wieso unter dem Dirndl der Frau kein BH zu erkennen sei. Die zitierte Antwort: „Meinen BH von (…) sieht man nicht. Er ist trägerlos und hat in der Mitte keine Verbindungsstelle. Bei Rückenfrei oder Dirndl mit Spitzenblusen ist das ein echter Wiesn-Geheimtipp." Dies stelle eine überwiegend sachliche Beschreibung dar, ohne typisch werbliche Elemente. Außerdem enthalte der genannte BH offensichtlich ein Alleinstellungsmerkmal. Dass in einem weiteren Zitat auch der Name der Dirndl-Designerin erwähnt wurde, sei in einem rein sachlichen Zusammenhang ohne einen werblichen Charakter erfolgt. Als Nachrichtenwert komme noch hinzu, dass die Designerin ebenfalls Promi-Status genieße. Auch hinter der Berichterstattung über die Schönheits-OPs stehe ein entsprechender Nachrichtenwert, denn solche Eingriffe erlebten alljährlich vor dem Oktoberfest einen Nachfrage¬schub, und das Thema stoße auf großes öffentliches Interesse. Die Zeitung habe darüber sachlich berichtet, ohne übertrieben anpreisende Ausführungen. Bei einer vergleichbaren Berichterstattung über Schönheits-Operationen während der Corona-Pandemie habe der Presserat die Nennung des Operateurs nicht beanstandet. Nach Ansicht der Zeitung würde es einer ungerechtfertigten Beschränkung der Presse gleichkommen, wenn sie nur noch ohne jegliche namentliche Nennung des Arztes über Schönheits-Operationen berichten dürfte. - Der Beschwerdeausschuss spricht eine öffentliche Rüge aus, denn der Bericht verletzt die in Ziffer 7 des Pressekodex festgeschriebene klare Trennung von Redaktion und Werbung. Zwar dürften die Vorbereitungen von Prominenten auf das Oktoberfest zumindest bei einem Teil der Leser auf Interesse stoßen, so dass eine Berichterstattung darüber grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Im konkreten Fall wird jedoch die Grenze zur Schleichwerbung deutlich überschritten. Die ausführliche Vorstellung der Schönheitschirurgin und ihrer Behandlungsmethoden sowie die Hinweise auf eine konkrete Dirndl-Designerin und einen bestimmten BH – für dessen Hersteller die Trägerin als Testimonial tätig ist – sind nicht mehr durch ein öffentliches Interesse gedeckt.