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Zeitung: Habeck hat Dorothee Bär „angedonnert“

Redaktion verletzt das im Pressekodex geforderte Wahrhaftigkeitsgebot

„Grünen-Chef Habeck brüllt CSU-Staatssekretärin nieder“ titelt eine Boulevardzeitung online. Im kommentierenden Bericht geht es um eine Talksendung von Maybritt Illner. Die Zeitung spricht von der „Brüll-Attacke des Jahres“. Habeck habe die Staatsministerin Dorothee Bär mit den Worten „angedonnert“: „Sie killen fast Europa! Und dann sagen Sie, Sie sind eine europäische Partei!“ Während die anderen Teilnehmer an der Talk-Runde betreten geguckt hätten, sei Dorothee Bär cool geblieben. Ein Leser der Zeitung sieht einen Verstoß gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Der Grünen-Chef habe niemanden niedergebrüllt, auch nicht Frau Bär. Das könne man in der ZDF-Mediathek sehr gut nachsehen. Die Überschrift diene nur dazu, Herrn Habeck zu diskreditieren. Der Chefredakteur der Zeitung sieht keinen Verstoß gegen den Kodex. Er verweist auf die Spruchpraxis des Presserats, wonach eine Überschrift den Inhalt eines Artikels nur in der gebotenen Kürze wiedergeben könne und im Gesamtkontext betrachtet werden müsse. Dem Verlauf der Talkshow war dem Chefredakteur zufolge Robert Habecks harsche und emotionale Kritik gegenüber Staatsministerin Bär und an der CSU zu entnehmen. Im Text werde dies umfangreich dargestellt. Die Überschrift sei natürlich überspitzt formuliert. Darin liege die professionelle Freiheit von Journalisten, auch pointierte Meinungen zu veröffentlichen. Die tatsächlichen Ereignisse seien in der Gesamtschau nicht entstellt oder verfälscht worden.