Angehörige bestimmen über die Erinnerung
Zeitung veröffentlicht Opferfotos ohne die erforderliche Einwilligung
Eine Boulevardzeitung berichtet auf ihrer Titelseite unter der Überschrift „Wurden sie in den Tod gelockt?“ über die Opfer des Amoklaufs von München. Die Zeitung druckt acht Fotos der Erschossenen ab. Alle sind erkennbar abgebildet. Auch im Innenteil der Zeitung sind Opfer zu sehen. Die Zeitung nennt ihre abgekürzten Namen und ihr Alter. Ein Leser der Zeitung sieht durch die Berichterstattung presseethische Grundsätze verletzt. Die Rechtsvertretung der Zeitung spricht von einem der schlimmsten Amokläufe der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die ungeheuerliche Tat habe in Deutschland und in aller Welt einen enormen Widerhall gefunden. Nicht nur an Tat und Täter, sondern auch an der Identität der Opfer habe aufgrund der besonderen Verbindung zum Täter und wegen Parallelen zu vergangenen Taten, die den Attentäter inspiriert hätten, ein außergewöhnliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestanden. Die Rechtsvertretung weist die Vorwürfe des Beschwerdeführers zurück. Presseethische Grundsätze seien von der Redaktion nicht verletzt worden. Das Informationsinteresse an der Tat sei so ausgeprägt gewesen, dass der Persönlichkeitsschutz der Betroffenen in diesem besonderen Fall zurücktreten müsse. Der Justiziar berichtet von Fällen, in denen die Hinterbliebenen bewusst die Öffentlichkeit gesucht hätten. Der Vater eines Ermordeten habe die Reporter der Zeitung sogar zu sich nach Hause eingeladen. Die Rechtsvertretung verdeutlicht die Position der Zeitung. Die Menschenwürde der Getöteten werde durch die Veröffentlichung der Alltagsfotos nicht beeinträchtigt, da diese Bilder an das fröhliche Wirken der Menschen zu Lebzeiten erinnerten und sie eben nicht zu bloßen Objekten der Berichterstattung herabgewürdigt würden.