„Vorwurf: Visum gegen Sex“
Beschwerdeführer: Person ist eindeutig identifizierbar
Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Vorwurf: Visum gegen Sex – Hat ein (…) Stadtrat Flüchtlinge belästigt?“ (Online), sowie in der Printausgabe unter der Überschrift „Vorwurf: Visum gegen Sex“ über Vorwürfe gegen ein Ratsmitglied, das am Verlagsort der Zeitung tätig ist. Der nicht namentlich genannte Mann wird im Artikel als Stadtrat und „rühriger Macher“ aus der Flüchtlingshelferszene beschrieben. Ferner heißt es, er habe den Kontakt zum örtlichen Sozialamt aufgebaut und kümmere sich mit seinem Verein um die Ukraine-Flüchtlinge. Die Redaktion schreibt, dass zwei Flüchtlinge Anzeige erstattet hätten. Zwei Leser der Zeitung beschweren sich über den Beitrag. Sie kritisieren, dass die im Artikel genannte Person aus dem lokalen Kontext heraus eindeutig identifizierbar sei. So hätte man gleich seinen Namen schreiben können. Die Chefredaktion teilt mit, man habe es sich mit diesem Fall nicht leicht gemacht. Nach ausführlicher Diskussion sei man in der Redaktion zu dem Schluss gekommen, dass auch eine Berichterstattung mit voller Namensnennung presseethisch zulässig gewesen wäre. Begründung: An der Person des Täters bestehe ein besonderes Informationsinteresse. Letztendlich habe sich die Redaktion gegen eine identifizierende Berichterstattung entschieden, weil sie ihre ethische Verpflichtung höher gewichte als die Rechtmäßigkeit einer identifizierenden Berichterstattung.