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„Verzicht beschädigt Glaubwürdigkeit“

Zeitung: Nennung der Ethnie nach Straftaten zuweilen erforderlich

„Auffälliger Leibesumfang entlarvte Dieb“ titelt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung. Es geht um die Entlarvung eines Ladendiebes, der sich mehrere Pakete Kaffee unter die Jacke geschoben habe. Er sei von einer Komplizin begleitet gewesen, deren Staatsangehörigkeit („Rumänin“) die Zeitung nennt. Dies missfällt einem Leser der Zeitung, der sich mit einer Beschwerde an den Presserat wendet. Die Nennung des ethnischen Hintergrundes – so seine Meinung – sei für die Berichterstattung nicht relevant. Der Chef vom Dienst der Zeitung teilt mit, der Ladendiebstahl habe sich nahe einem bundesweit bekannten Problemviertel einer Großstadt zugetragen. Dort, wie auch in anderen Orten des Ballungsraumes, lebten zahlreiche Armutsflüchtlinge aus Südosteuropa in einer Weise, die den sozialen Frieden ernsthaft gefährde. Angehörige dieser Gruppen, so berichten Anwohner, würden stehlen, rauben, betrügen und die Gegend verdrecken. Gemeinhin würden die Angehörigen dieser Gruppen als Bulgaren und Rumänen bezeichnet, doch handele es sich hier um Teilgruppen der genannten Völker, nämlich Roma. Diese würden mit Rücksicht auf Richtlinie 12.1 des Pressekodex (Berichterstattung über Straftaten) nur selten genannt. Der Chef vom Dienst meint, die Beschwerde zeige auf, wie problematisch die Richtlinie 12.1 grundsätzlich sei. Wegen des dramatischen Wandels der Verhältnisse in manchen Regionen sei deren Formulierung nicht mehr haltbar. Der begründete Sachbezug, definiert in der genannten Richtlinie, liege im Übrigen in diesem Fall vor. Die Nennung der Ethnie sei notwendig, denn in den betroffenen Gebieten sei jedermann klar, wer die den Alltag belastenden Straftaten begehe. Ein Verzicht auf die Nennung der ethnischen Zugehörigkeit beschädige die Glaubwürdigkeit der Presse.