Amok-Opfer identifizierbar gemacht
Offenbar geistig verwirrter Mann erschießt wahllos zwei Menschen
Der Amoklauf eines offenbar geistig verwirrten Mannes in zwei bayerischen Dörfern ist Thema in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Überschrift: „Amok-Killer erschoss das erste Opfer beim Blumengießen“. Eine Frau und ein Mann starben bei den Attacken. Das erste Opfer und der Täter werden im Artikel mit Vornamen, abgekürztem Nachnamen und ihrem Alter genannt. Das zweite Opfer wird hingegen lediglich als „Fahrradfahrer (72)“ bezeichnet. Dem Artikel ist ein offenbar älteres Fotos des ersten Opfers beigestellt. Ein Leser der Zeitung vertritt die Meinung, die Berichterstattung verstoße gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Zwei Tage in Folge sei auf der Homepage der Zeitung extra groß das unverpixelte Bild eines Amokopfers gezeigt worden. Das verstoße gegen den Opferschutz und verletze die Persönlichkeitsrechte des Opfers. Die Rechtsabteilung der Zeitung vertritt die Auffassung, die Abbildung einer Rentnerin, die bei dem Amoklauf offenbar wahllos erschossen worden sei, stelle keinen Verstoß gegen Richtlinie 8.2 (Opferschutz) dar. Das Opfer sei durch die Dimension des Geschehens zu einer Person des öffentlichen Lebens geworden. Ihre Entscheidung, das Bild unverfremdet zu veröffentlichen, habe sich die Redaktion nicht leicht gemacht. Die Zeitung halte sich im Sinne ihres Informationsauftrages für verpflichtet, vollständig und ungefiltert zu berichten. Dazu gehöre es auch, dem mündigen Leser bei einem außergewöhnlichen Amoklauf das Verbrechen und die betroffenen Personen in ihrem ganzen Ausmaß nahezubringen.