Protestler als „Schwerstkriminelle“ bezeichnet
Beschwerdeführer kritisieren Selbstjustiz einer Boulevardzeitung
Eine Boulevardzeitung berichtet online und tags darauf gedruckt unter der Überschrift „GESUCHT! Wer kennt diese G20-Verbrecher?“ über die Protestaktionen beim G20-Gipfel in Hamburg. Die Redaktion berichtet über schwere Ausschreitungen, verursacht von den Protestierenden. Ihre Beiträge sind mit Fotos von den Ausschreitungen bebildert. Zu sehen sind einzelne Personen in Aktion, während sie einen Pflasterstein in der Hand haben, eine Bierflasche schwingen oder während sie in einem geplünderten Supermarkt sind. Die Zeitung bezeichnet diese Personen als „Schwerstkriminelle“, die den Tod von Menschen in Kauf genommen hätten. Die Zeitung berichtet zudem von einem Hinterhalt in der Nähe des Autonomen Zentrums „Rote Flora“ sowie von Leuchtkugeln, geplünderten Geschäften etc. Die Redaktion ruft ihre Leser auf, eventuell gemachte Fotos der Polizei zur Verfügung zu stellen. Die Zeitung unterstütze die Polizei und frage, wer unter ihren Lesern Protestler erkenne. Elf Leser der Zeitung wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Sie kritisieren, dass die Zeitung einen Medienpranger herstelle und Selbstjustiz übe, in dem sie nach einzelnen Teilnehmern der Ausschreitungen fahnde und ihnen eine Straftat unterstelle. Die Zeitung habe kein Recht, die Personen unverpixelt zu zeigen. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Es sei unklar, wieso eine Berichterstattung über Straftaten, die in aller Öffentlichkeit in einem so noch nie dagewesenen Ausmaß begangen worden seien, gegen den Pressekodex verstoßen können. Wann, wenn nicht im vorliegenden Fall, habe die Öffentlichkeit ein höheres Interesse daran, von den Medien umfassend und durchaus auch personalisierend informiert zu werden.