Herkunft eines Pflegeheimbewohners genannt
Polizei-Information entbindet Redaktion nicht von ethischer Abwägung
Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Von Polizei erschossen: Liberianer (62) bereits zuvor auffällig!“ Es geht um einen psychisch kranken Mann, der in einem Pflegeheim ein Messer gezogen hat und damit auf einen Polizisten losgegangen ist. Ein Beamter wurde verletzt, ehe der Angreifer von einem anderen Polizisten erschossen wurde. In Überschrift und Text erwähnt die Redaktion die liberianische Herkunft des Mannes. Ein Leser der Zeitung sieht in dieser Information eine Diskriminierung nach Ziffer 12 des Pressekodex. Der Chefredakteur der Zeitung vertritt die Ansicht, dass es sich bei „Liberianer“ nicht um eine Minderheit handele. Die Nennung der ethnischen Herkunft sei nicht verwerflich. Es sei gängige Praxis, dass Verdächtige in Berichten mit bestimmten Angaben beschrieben würden, soweit dies in den Grenzen der Verdachtsberichterstattung zulässig sei und sich daraus ein Informationswert ableite. Aus Sicht des Chefredakteurs ist die Nennung zulässig. Diese Information sei auch in der offiziellen Pressemitteilung des Polizeipräsidiums zu finden. Hätte die Redaktion die Herkunft des Mannes verschwiegen, hätte sie sich dem Vorwurf der „Lügenpresse“ ausgesetzt.