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Presse und Richter im Feierabendstreit

Regionalzeitung kommentiert: „Stümperei von Justiz und Behörden“

Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Eine Poststelle und ihre Arbeitszeiten“ über mögliche Behördenpannen im Todesfall einer Minderjährigen. Die Zeitung schreibt, die Staatsanwaltschaft habe beim Amtsgericht die Suche nach dem geflohenen mutmaßlichen Täter beantragt. Die Genehmigung sei ihr aber erst am Freitagmorgen zugegangen, obwohl die Polizei schon am Abend zuvor auf die Erlaubnis zur Foto-Fahndung gewartet habe. In einem Kommentar habe die Redaktion die Frage gestellt, ob der Amtsrichter seinen Feierabend nicht um ein paar Stunden habe verschieben können. Der Amtsrichter antwortet: Nicht er, sondern die Poststelle des Amtsgerichts habe zu früh Feierabend gemacht. Laut Redaktion stellt sich die Frage, warum der zuständige Amtsrichter nicht in der Lage war, für eine unverzügliche Zustellung des Beschlusses an den Staatsanwalt zu sorgen. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der namentlich genannte Amtsgerichtsdirektor. Dieser stellt fest, dass die Verfahrensleitung der richterlichen Unabhängigkeit unterliege. Es obliege der Entscheidung des Richters oder der Richterin, in welcher Form und mit welcher zeitlichen Maßgabe er Beschlüsse der Staatsanwaltschaft zuleite. Darauf habe er – der Amtsgerichtsdirektor – die Zeitung, verbunden mit einem Richtigstellungsverlangen, hingewiesen. Bis zur gesetzten Frist sei die Richtigstellung nicht erfolgt. Der Beschwerdeführer wirft dem bearbeitenden Redakteur vor, dass er es vor der Veröffentlichung des Beitrages unterlassen habe, beim Amtsgericht die Hintergründe für die aus seiner Sicht nicht unverzügliche Übersendung des Beschlusses zu hinterfragen. Der Chefredakteur der Zeitung verweist auf einen Kommentar unter dem Titel „Stümperei von Justiz und Behörden“. Darin sei dieser plakative, scharfzüngige Satz formuliert worden: „Die Genehmigung für die Veröffentlichung eines Fahndungsfotos, beantragt am Donnerstagnachmittag? Offenbar nichts, für das ein (….) Amtsrichter seinen Feierabend verschieben wollte.“ Damit habe der Autor kritisch aufgegriffen, dass die Justiz die Genehmigung des Fahndungsaufrufs nicht mit der nach einem aufsehenerregenden Mordfall gebotenen Konsequenz betrieben hat und den Beschluss nicht noch am Donnerstag an die Staatsanwaltschaft geschickt hat.