Entscheidungen finden

„Lachen“ und „Wow“ bei tragischem Tod?

Boulevardzeitung lässt Leser die jeweiligen Gemütszustände mitteilen

Eine 29-jährige Frau wird in einem Tierpark von einem Löwen angefallen und getötet. Darüber berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung unter der Überschrift „Hier tötet eine Löwin Katherine Chappell (29).“ Mehrere Fotos zeigen den Vorgang und in Form von Porträtaufnahmen die Frau. Am Ende der Veröffentlichung erhält der Leser die Möglichkeit auszudrücken, was er bei der Lektüre des Artikels und dem Anschauen der Bilder empfindet. Er hat die Antwortmöglichkeiten „Lachen“, „Weinen“, „Wut“ „Staunen“ und „Wow“. Eine Nutzerin der Ausgabe hält die Überschrift, die Fotos und die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten für menschenverachtend und unangemessen sensationell. Der Presserat erweitert die Beschwerde im Hinblick auf eine mögliche Verletzung der Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, bei der Getöteten habe es sich um eine Mitarbeiterin der TV-Serie „Games of Thrones“ gehandelt. Damit habe das Ereignis eine zeitgeschichtliche Relevanz besessen. Somit sei auch die Veröffentlichung der Fotos presseethisch zulässig. Auch der Text des Beitrages sei nicht zu beanstanden. Der Chefredakteur rechtfertigt das sogenannte „Moodtagging“ mit den diversen Antwortmöglichkeiten. Damit könne der Leser seine Stimmung zu dem jeweiligen Beitrag ausdrücken und auch die anderer Leser ablesen. Dass die Kategorie „Lachen“ nicht zu jedem Artikel passe, möge sein. Die entsprechende Auswahl erfolge durch die Leser und nicht durch die Redaktion. Der Chefredakteur beruft sich auf das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, wonach der Leser das Recht habe, sein Empfinden zu dem jeweiligen Artikel zu äußern.