Adresse unter Leserbriefen nicht kodexkonform
Einsender ist nach der Angabe des winzigen Ortsteils leicht zu orten
In einer Regionalzeitung erscheint ein Leserbrief unter der Überschrift „Demokratische Wahl“. Der unterlegene Kandidat einer Bürgermeisterwahl schreibt, dass nach seiner Ansicht der bis dahin amtierende Bürgermeister sein politisches Amt missbraucht habe, um demokratische Wahlen in seinem Sinne zu beeinflussen, politische Mitbewerber zu beleidigen und zu diffamieren. Der Leserbrief ist mit dem Namen des Einsenders sowie seinem Wohnort und Ortsteil gezeichnet. Beschwerdeführer ist der Autor des Leserbriefes. Er vermutet einen Verstoß gegen Richtlinie 2.6, Absatz 3, des Pressekodex. Danach verzichtet die Presse beim Abdruck von Leserbriefen auf die Veröffentlichungen von Adressangaben. Der unter dem Leserbrief angegebene Ortsteil bestehe aus weniger als zwanzig Häusern. Dessen Nennung entspreche der Angabe der Wohnstraße. Der Chefredakteur der Zeitung weist darauf hin, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um den politisch sehr aktiven Ehemann einer Landtagsabgeordneten handelt. Dieser habe in seiner Heimatgemeinde kandidiert, sei aber nicht gewählt worden. Er habe die Wahl erfolgreich angefochten, sei aber bei der Wiederholung erneut gescheitert. Das Ehepaar – so der Chefredakteur weiter – habe seine Privatadresse in zahlreichen Fällen im Internet veröffentlicht. Seit Jahren schicke der Lokalpolitiker immer wieder Leserbriefe an die Zeitung, stets mit dem Ortsteil als Absenderangabe. Man könne sich in der Redaktion nicht erinnern, dass der Einsender jemals gebeten hätte, auf diese Ortsangabe zu verzichten. Die Chefredaktion geht davon aus, dass die jetzige Beschwerde beim Presserat nur dazu diene, die Zeitung zu diskreditieren und sie dazu zu veranlassen, über ihn – den Beschwerdeführer – und seine Frau bevorzugt zu berichten. Unabhängig davon werde die Redaktion künftig auf die Ortsteil-Angabe unter Leserbriefen des Kommunalpolitikers verzichten.