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Zweifel als Kern journalistischer Aufgaben

Regionalzeitung berichtet über die Lage der Intensivstationen

Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „Lage auf Intensivstationen doch nicht dramatisch?“ über die Auslastung der Intensivstationen in Deutschland. Die Daten dazu würden von immer mehr Fachleuten kritisch betrachtet, heißt es im Anreißer. So wird der Chef von Deutschlands größter Krankenhauskette zitiert. Ihm zufolge sei die Lage derzeit nicht wirklich dramatisch, zumindest verglichen mit den Fallzahlen der zweiten Corona-Welle. Die Zeitung stellt dieser Argumentation ein Zitat des Chefs des Intensivregisters DIVI entgegen, der an die „Entscheidungsträger“ appelliert und davor warnt, dass „jede Ausfahrt zur Senkung der Zahlen verpasst“ würde. Ein weiterer Professor wird zitiert. Danach hätten die regionalen Maßnahmen und Kontaktbeschränkungen das Wachstum der Intensivbelegung ausgebremst. Der Autor des Artikels stellt daraufhin die Frage: „Wenn die Daten rund um die Situation der Intensivbetten nicht eindeutig sind – wie können dann Einschränkungen der Grundrechte damit begründet werden?“ Die Zeitung verlinkt auf das Video eines „Faktencheckers“ und „Maßnahmen-Kritikers“. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Verlinkung auf das Video des sogenannten „Faktencheckers“. Er sieht in Teilen des Artikels Verstöße gegen die Pressekodex-Ziffern 2 und 14 (Journalistische Sorgfaltspflicht bzw. Medizinberichterstattung). Er hält die im Artikel erkennbaren Verharmlosungen der epidemischen Lage für einen Verstoß gegen Ziffer 14. Der Chefredakteur der Zeitung vertritt die Auffassung, das vom Beschwerdeführer kritisierte „Anzweifeln von offiziellen Zahlen“ sei Kern der Aufgaben von Journalisten. Im kritisierten Artikel erfolge dies durch die Wiedergabe der Äußerungen mehrerer Experten. Dies geschehe auch differenziert, weil sowohl Kritiker als auch Verteidiger der offiziellen Zahlen zu Wort kämen.