Für Neu-Definition im Umgang mit Risiken
Erkrankungszahl auf der Basis eines „sinnvollen Ratens“ angenommen
Gedruckt und online veröffentlicht ein Nachrichtenmagazin einen „Appell“ mit dem Titel „Der Maßstab heißt Grippe“. Darin sprechen sich Alexander Kekulé, Julian Nida-Rümelin, Boris Palmer, Christoph Schmidt, Thomas Straubhaar und Juli Zeh anlässlich der Corona-Pandemie für eine Neu-Definition im Umgang mit Risiken aus. Es gelte, Gesundheit, Wirtschaft und Rechtsstaat gleichermaßen zu schützen. Der Lockdown (im Frühjahr 2020) sei zwar richtig gewesen, da die Zahl der Neuinfektionen zu diesem Zeitpunkt steil angestiegen sei. Mittlerweile habe sich die Lage aber stabilisiert. Dafür nähmen aber die Nebenwirkungen des Lockdown exponentiell zu. Die Bürger hätten eine Beschränkung ihrer Freiheitsrechte hinzunehmen. Der verordnete Ruhezustand der Volkswirtschaft bringe viele Haushalte und Unternehmen an den Rand ihrer Existenz. Im „Appell“ heißt es weiter, aus dem Lockdown müssten wir daher so rasch wie möglich in eine Phase übergehen, die die Volkswirtschaft „aus dem Winterschlaf“ erwecke. Der Beschwerdeführer – ein Leser des Magazins - sieht mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Zwar handele es sich um einen Meinungsartikel, doch müsse die Diskussion auf der seriösen Grundlage der Fakten aus dem aktuellen Wissensstand beruhen. Der Beschwerdeführer kritisiert unter anderem diese Passage: „Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sterben im Zusammenhang mit Influenza-Infektionen allein in Deutschland bis zu 25.000 Menschen jährlich, unter ihnen auch junge Patienten und Kinder.“ Die Angabe „bis zu 25.000 Menschen jährlich“ sei irreführend und tendenziös. Von den Autoren werde unterschlagen, dass es sich bei der Erhebung der Anzahl von Grippetoten um eine Schätzung des RKI handele, die auf der Feststellung der sogenannten Übersterblichkeit in der jeweiligen Zeit der Grippesaison beruht. Es sei also keine Zahl, die exakt auf Zählungen von bestätigten und gesicherten Todesfällen im Rahmen einer labortechnisch gesicherten Influenzaerkrankung beruhe. Es sei vielmehr eine Zahl, die durch „sinnvolles Raten“ zustande komme. Die Rechtsabteilung des Magazins teilt mit, dieses habe den Gastautoren Raum für einen Diskussionsbeitrag zum Umgang mit der Corona-Pandemie gegeben. Der Beitrag habe teilweise seine Leser mit irritierten Fragen zurückgelassen. Es gehöre aber nun mal zum Wesen einer freien Presse, in der Sache zu streiten. Das sei aber nicht möglich, wenn man anderen das Wort und Medien die Veröffentlichung desselben verbieten wolle. Ein bisschen Liberalität und Toleranz schade da nicht.