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So ein Anschlag kann jeden treffen

Identität von abgebildeten Opfern ist laut Kodex zu schützen

„Es könnte jeden von uns treffen“ – so überschreibt eine Regionalzeitung einen Bericht über die Terroranschläge von Brüssel. Sie veröffentlicht ein Foto, das am Brüsseler Flughafen aufgenommen worden ist. Darauf sind zwei verletzte Frauen zu sehen. Sie haben blutende Wunden, zerfetzte Kleidung und sind teilweise von Staub bedeckt. Nach Ansicht eines Lesers der Zeitung verletze das schockierende Bild die Würde der Opfer und damit presseethische Grundsätze. Der Vorsitzende des Beschwerdeausschusses bittet die Zeitung, im Hinblick auf die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 8 (Persönlichkeitsrechte) des Pressekodex Stellung zu nehmen. Die Rechtsabteilung der Zeitung vermag der Argumentation des Beschwerdeführers nicht zu folgen, wonach die Opfer „skrupellos und ohne Hemmungen vorgeführt und zur Schau gestellt“ würden. Das Foto diene vielmehr dazu, den Lesern die Situation nach dem Anschlag zu veranschaulichen. Es zeige die Situation der Opfer, um zu veranschaulichen, was der Terror für die Betroffenen bedeute, ohne dass diese zu einem Objekt herabgewürdigt würden. Artikel und Foto machten deutlich, dass ein derartiger Anschlag jeden treffen könne. Über die Anschläge von Brüssel zu berichten, ohne Opfer zu zeigen, sei bei derart einschneidenden Ereignissen mit weltweiten Auswirkungen unmöglich. Dadurch würden die Ausmaße solcher Taten nicht deutlich gemacht. Auch bestehe dann die Gefahr der Verharmlosung. Zu berücksichtigen sei auch, dass das fragliche Foto nur in dem Bundesland verbreitet worden sei, in dem die Zeitung erscheine. Es sei nicht online veröffentlicht worden.