Zu spät über Eigeninteresse informiert
Für redaktionelle Darstellung besteht kein publizistischer Anlass
Eine Regionalzeitung druckt einen Beitrag unter der Überschrift „Die sichere Alternative zu WhatsApp“. Der Beitrag informiert über einen Messenger für Unternehmen und Behörden, bei dessen Nutzung die Daten verschlüsselt werden. Der Geschäftsführer des Unternehmens schildert die Vorzüge der App im Vergleich zu WhatsApp. Im letzten Absatz wird mitgeteilt, dass der Verlag der Zeitung an dem Unternehmen beteiligt ist. Schließlich nennt der Autor des Artikels die Kosten für die Nutzung. Eine Leserin der Zeitung kritisiert die detaillierte Vorstellung des Produkts eines einzelnen Anbieters. Sie vermutet einen PR-Beitrag des Verlages für ein Unternehmen, an dem er selbst beteiligt sei. Offenbar sei dies eine Reaktion darauf, dass jetzt auch WhatsApp eine Verschlüsselung anbiete. Die Beschwerdeführerin moniert auch, dass keine anderen Anbieter genannt werden. Sie erwähnt einen „gewissen Überschwang“ in der Schilderung des Unternehmens. Die Rechtsvertretung der Zeitung stellt fest, dass es sich bei dem vorgestellten Produkt um einen neuen Messenger für Unternehmen und Behörden handele, der ein Alleinstellungsmerkmal habe. Dies gelte insbesondere für die technische Möglichkeit, dass der Kunde den Messenger auf behörden- und unternehmenseigenen Servern selbst betreiben könne. Das sei bei anderen Diensten nicht möglich. Die Rechtsvertretung spricht aus diesen Gründen von einem erhöhten Nachrichtenwert. Für die Veröffentlichung spreche ein begründetes öffentliches Interesse. Im Übrigen habe die Redaktion transparent gemacht, dass der Verlag der Zeitung an dem Unternehmen beteiligt sei. Dadurch werde das Eigeninteresse des Verlagshauses deutlich. Dem Leser sei klar, dass der Verlag – unabhängig vom begründeten öffentlichen Informationsinteresse – nebenbei auf ein Produkt hinweise, das von einem seiner Beteiligungsunternehmen vertrieben werde.