„Das Unfassbare fassbarer gemacht“
Versuch, den Zerstörungsgrad der Germanwings-Maschine zu erklären
Die Online-Ausgabe einer Großstadtzeitung berichtet unter der Überschrift „Extraschub der Triebwerke sorgte für große Explosion“ über den Absturz des Germanwings-Fluges 4U9525, bei dem im März 2015 150 Menschen ums Leben gekommen sind. Die Zeitung zitiert einen Luftfahrtexperten. Der sagt, das Flugzeug sei möglicherweise frontal in den Berg geflogen und das mit einer Geschwindigkeit von mehr als 700 Stundenkilometern. Bei dieser Art von Aufprall würden die Triebwerke noch weiter Schub geben, solange sie intakt seien, auch dann noch, wenn Teile des Flugzeugs bereits zerstört seien. Dies könne die gewaltige Explosion und die Verteilung der Trümmerteile über eine große Fläche erklären. Für diese Version spreche, dass sich das Kerosin nicht entzündet habe und keine Flammenherde am Unglücksort zu sehen gewesen seien. Eine dem Text beigestellte Grafik zeigt einen Berg. Einmontiert ist ein Flugzeug, das Kurs auf diesen hält und ein weiteres, das gerade am Berghang zerschellt. In den Trümmern ist das Heck des Flugzeugs zu erkennen. Ein Leser der Zeitung sieht in der Fotomontage eine übermäßig drastische Darstellung des Germanwings-Flugzeugunglücks. Er vermutet einen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung, Jugendschutz). Dieser Ansicht widerspricht die Rechtsabteilung der Zeitung. Mit der Grafik habe die Redaktion zur Klärung der Frage beigetragen, warum die Unglücksmaschine beim Aufprall in kleinste Trümmerteile zerborsten sei. Es sei der Versuch gewesen, durch Aufklärung das Unfassbare fassbarer zu machen. Jeder Versuch, das Unglück in den französischen Alpen zu erklären, müsse drastisch ausfallen. Die Chefredaktion hoffe und glaube aber, durch die Darstellung nicht respektlos gegenüber dem Leid von Angehörigen und Betroffenen gehandelt zu haben. Im Übrigen sei die Grafik nur 50 Minuten im Netz abrufbar gewesen, weil sich die Redaktion für eine andere Bebilderung entschieden habe.