Angeklagter identifizierend dargestellt
Zeitung benennt den Verteidiger mit dem Namen des Tatverdächtigen
Der Strafprozess gegen einen Mann, dem Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen wird, ist Thema der Berichterstattung in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Der Mann soll in der Folge eines Streits über ein falsch geparktes Auto einen 72-Jährigen umgestoßen haben, der einen Schädelbruch erlitten habe und später verstorben sei. Die Startseite der Zeitung zeigt den Angeklagten neben seinem Verteidiger stehend im Gerichtssaal. Das Gesicht ist nicht verfremdet. In weiteren Beiträgen zu diesem Thema wird das Gesicht des Angeklagten mit einem schwarzen Balken unkenntlich gemacht. Der Name des Verteidigers wird komplett genannt; der Name des Angeklagten mit dem Vornamen und dem abgekürzten Nachnamen. In der Mobilversion eines der Beiträge wird der Verteidiger mit dem ausgeschriebenen Namen des Angeklagten benannt. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer ist der ehemalige Angeklagte, der mittlerweile zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Er sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen seine Persönlichkeitsrechte nach Ziffer 8 des Pressekodex. Es seien teilweise unverfremdete Fotos von ihm erschienen. Auch sei sein vollständiger Name veröffentlicht worden, wenn auch dieser dem Verteidiger zugeschrieben worden sei. Der Chefredakteur der Zeitung sieht „beim besten Willen“ keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze. Nach seiner Meinung wahre die Berichterstattung die Vorgaben einer zulässigen Verdachtsberichterstattung, so dass von einer Vorverurteilung keine Rede sein könne. Der Beschwerdeführer sei in der Berichterstattung durchgängig mit dem Vornamen und dem abgekürzten Nachnamen genannt worden. Die Verfremdung sei nur in einem für kurze Zeit abrufbaren Anreißer unterblieben. Dies allein begründe noch keinen Verstoß gegen den Pressekodex.